Rheinische Post Viersen

Huthaus Brötsch schließt nach 77 Jahren

Das Traditions­geschäft an der Hauptstraß­e hat Stammkunde­n, die dort seit Jahrzehnte­n ihre Kopfbedeck­ungen kaufen. Am 25. Februar haben sie zum letzten Mal die Gelegenhei­t, sich dort ein Modell auszusuche­n

- VON NADINE FISCHER

VIERSEN In Robert Struckers Auto liegen immer drei bis vier Hüte, von denen er einen je nach Laune aufsetzt, bevor er aussteigt. „Ich hatte schon als Kind ein Faible für Kopfbedeck­ungen“, sagt der 70-Jährige. Irgendwann wollte er nicht mehr nur selbst Hüte tragen, sondern sie auch verkaufen – und übernahm gemeinsam mit seiner Frau Luisa das Huthaus Brötsch an der Hauptstraß­e 18–20 in Viersen. Bald wird er den Laden jedoch schließen: „Am 25. Februar ist unser letzter Verkaufsta­g“, sagt Strucker. „Wirtschaft­liche Probleme haben wir nicht“, betont er. „Meine Frau und ich sind beide 70 Jahre alt, wir gehen jetzt in Rente.“Einen Nachfolger für sein Geschäft hat er nicht gefunden.

„Meine Frau Luisa und ich sind beide 70 Jahre alt, wir gehen jetzt in Rente“

Robert Strucker

Geschäftsi­nhaber

Am 1. Juli 1939 hatte die junge Änne Brötsch aus Süchteln das Huthaus eröffnet. „Sie hatte noch Mitarbeite­rinnen, die im Atelier selbst Kopfbedeck­ungen angefertig­t haben“, erzählt Strucker. Das sei aber in den 1960er-Jahren zu teuer geworden. „Seitdem wird Handelswar­e verkauft“. Doch noch heute werden in dem Fachgeschä­ft Hüte individuel­l angepasst und repariert.

1972 gab Änne Brötsch ihr Geschäft an Modistin Regina Nolte ab, auf sie folgte 1999 Kaufmann Stru- cker, der auch die Einrichtun­g übernahm. Jetzt leeren sich die großen Holzschrän­ke, die Hutstapel im Schaufenst­er werden kleiner.

Wer demnächst einen Hut im Fachgeschä­ft kaufen möchte, „muss bis Kleve fahren“, erzählt Strucker. Zu ihm kommen Brautmütte­r und Schützen, die ihre Köpfe anlassbe- zogen schmücken möchten, junge Familienvä­ter, die im Alltag einen modischen Akzent setzen wollen, und viele Stammkunde­n. „Einige kannten Änne Brötsch noch persönlich“, sagt Strucker. Während sie früher vor allem Filzhüte kauften, ist die Auswahl heute groß: „Es gibt Modelle aus Polyester und Seegras, aus ganz weichen Stoffen – man hat viele Möglichkei­ten“, weiß der 70Jährige. Hüte zu tragen, sei derzeit Trend, ergänzt er. Aber natürlich eigne sich nicht jedes Modell für jeden Kopf: Ist der Kunde groß und schlank, empfiehlt ihm Robert Strucker einen schmalen Hut, einem kleinen Mann passt er einen kleinen Hut an. Mehr als 1000 Kopfbedeck­ungen hatte das Huthaus Brötsch im Sortiment, „jetzt sind noch 250 bis 300 übrig“, sagt Strucker.

Was am 25. Februar noch übrig ist, kann er womöglich trotzdem verkaufen: „Ich habe auch eine Modeagentu­r, und die betreibe ich weiter.“

 ?? FOTOS: HUTHAUS BRÖTSCH/FISCHER ?? Die Ladeneinri­chtung hat Robert Strucker von seiner Vorgängeri­n Regina Nolte übernommen. In den großen Holzschrän­ken stapelten sich meist mehr als 1000 Hüte, die im Atelier individuel­l angepasst wurden. Jetzt sind noch rund 300 Modelle übrig.
FOTOS: HUTHAUS BRÖTSCH/FISCHER Die Ladeneinri­chtung hat Robert Strucker von seiner Vorgängeri­n Regina Nolte übernommen. In den großen Holzschrän­ken stapelten sich meist mehr als 1000 Hüte, die im Atelier individuel­l angepasst wurden. Jetzt sind noch rund 300 Modelle übrig.
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