Bäume weichen für ein Gewerbegebiet
Zwischen Heerstraße, Dülkener Straße und Industriestraße in Waldniel sollen sich Firmen ansiedeln können. Dazu lässt die Gemeinde Bäume auf der künftigen Gewerbefläche fällen. Anwohner fordern den Erhalt der Natur
SCHWALMTAL Seit zwölf Jahren lebt Marco Bollesen an der Dülkener Straße in Waldniel. Hinter seinem Garten und den Gärten seiner Nachbarn ist es grün, so weit das Auge reicht. Das wird sich bald ändern. Denn die Gemeinde Schwalmtal will auf der gemeindeeigenen Fläche zwischen Dülkener Straße und Industriestraße ein Gewerbegebiet entwickeln. Die Planungen dafür sind längst gemacht,
„Wir haben noch keine konkrete Planung für das Gebiet, aber einige Anfragen“
Michael Pesch
Bürgermeister
doch davon, sagt Bollesen, habe er nichts gewusst. „Vor einem halben Jahr bekamen wir einen Brief von der Gemeinde, wir sollten die Flächen hinter unseren Gärten freiräumen“, berichtet er. Im Dezember folgte die zweite Aufforderung der Gemeinde, die Flächen freizuräumen, weil Fällungen geplant seien.
Vom Vorgehen der Gemeindeverwaltung ist Bollesen enttäuscht: „Als Anwohner wurden wir nicht in die Planung eingebunden, nicht gefragt.“Dabei sei die Grünfläche zwischen Dülkener Straße und Industriestraße „eine wirklich schöne Ecke“, sagt er. Seinen Angaben zufolge leben dort viele Tiere, darunter Füchse, Marder und Bussarde. So brachte der Waldnieler im Internet-Portal „change.org“eine Petition an Schwalmtals Bürgermeister Michael Pesch (CDU) auf den Weg. „Stoppt die Vernichtung der letzten Rückzugsgebiete für unsere heimische Tierwelt“, fordert Bollesen stellvertretend für eine Gruppe von Anwohnern. Er schreibt: „Wir möchten nicht, dass dieses Stück Natur im März wie angekündigt gerodet wird und hier auch wieder ein Stück wertvoller Natur bebaut wird.“Bis gestern Abend hatte die Petition 243 Unterstützer gefunden. Das heißt, dass 243 Menschen wie Bollesen der Meinung sind, dass die Grünfläche nicht einem Gewerbegebiet weichen sollte. Doch wie viele auch unterschreiben: Der Gemeinderat muss seinen Beschluss nicht rückgängig machen, weil im Internet viele Menschen die Petition unterstützen.
Darauf verweist Bürgermeister Pesch in einem Antwortschreiben an Bollesen. „Obwohl die Verfahrensschritte der Bauleitplanverfahren öffentlich bekannt gemacht wurden, die öffentliche Presse mehrfach über das Verfahren berichtet hat und die Anwohner der Dülkener Straße mehrfach angeschrieben wurden, sind im Rahmen des formellen Planaufstellungsverfahrens keine Anregungen vorgetragen worden“, so Pesch. Bei der Internet-Petition handele es sich nicht um eine Anregung im Sinne der Gemeindeordnung. Dabei können sich Bürger einzeln oder als Gruppe schriftlich an den Gemeinderat wenden. Das ist bei der Internet-Petition aber nicht der Fall.
In seinem Antwortschreiben weist Pesch auch darauf hin, dass in den kommenden Wochen nur Rodungsarbeiten in dem Bereich durchgeführt werden sollen, die für den Rückbau der Gebäude nötig sind, die dort in den vergangenen Jahrzehnten entstanden. Anwohner nutzten die Fläche zum Teil auch als verlängerten Garten, stellten sogar Gartenhäuser und Spielgeräte auf, so Pesch. Eine weitere Rodung erfolge voraussichtlich erst im Herbst, wenn die Brutzeit vorbei ist.
Im Gespräch mit unserer Redaktion betonte Pesch, dass man die Beweggründe der Bürger ernst nehme, die Gemeinde aber formal keine Fehler gemacht habe. Das Verfahren für den Bebauungsplan sei in mehreren Stufen und öffentlich durchgeführt worden, aus der Bürgerschaft habe es dazu keine Anregungen gegeben. Außerdem werde nicht die gesamte Fläche gerodet: Sowohl hinter dem GWG-Haus, das gerade an der Heerstraße gebaut wird, als auch hinter den Häusern an der Dülkener Straße bleibe ein breiter Grünstreifen.
Welche Firmen sich auf der rund 30.000 Quadratmeter großen Fläche ansiedeln werden, ist Pesch zufolge noch nicht klar. Ursprünglich hatte die Firma APD, die nebenan ihren Betrieb hat, erweitern wollen. Doch die Schlauchfabrik zieht nun nach Mackenstein. Pesch: „Wir haben noch keine konkrete Planung für das Gebiet, aber einige Anfragen.“