Rheinische Post Viersen

Nach Sturz: Jobcenter sichert jetzt Geländer ab

Hätte der Unfall eines zweijährig­en Kindes im Viersener Jobcenter verhindert werden können? Die Brüstung im Treppenhau­s wird jetzt nachgebess­ert. Die Polizei nahm Ermittlung­en zur Unfallursa­che auf

- VON MARTIN RÖSE

VIERSEN Der kleine Junge, der kurz nach seinem zweiten Geburtstag am Donnerstag im Jobcenter Viersen durchs Treppengel­änder rutschte und vier Meter in die Tiefe stürzte, befindet sich nach wie vor im Krankenhau­s, ist aber nicht lebensgefä­hrlich verletzt. Ein Rettungshu­bschrauber hatte ihn ins Krefelder Helios-Klinikum geflogen. „Sein Vater ist noch am Donnerstag­nachmittag gekommen und hat sich bei den Mitarbeite­rn bedankt, die den Jungen erstversor­gt haben“, berichtete gestern Michael Becker, Sprecher des Jobcenters.

Viele Mitarbeite­r und Besucher des Jobcenters versuchen noch, das Geschehen zu verarbeite­n. Gerda Fritsche*, selbst fünffache Mutter, befand sich gerade auf dem Weg nach oben. „Da sah ich den Jungen da liegen.“Die Stimmung sei aufgeheizt gewesen: „Die Security hinderte einen Mann daran, sich Kind und Mutter zu nähern. Es kam fast zu einer Schlägerei.“Erst als der Mann sagte: „Es ist mein Kind, das da liegt, und nicht Ihres“, sei er vorgelasse­n worden. „Dass da jemand von der Security geholfen hat, habe ich nicht erkennen können.“Sie sei, wie auch andere Besucher des Job- centers, in Tränen ausgebroch­en. Das Jobcenter – eine gemeinsame Einrichtun­g von Kreis Viersen und Arbeitsage­ntur – kündigte gestern an, das Geländer im Treppenhau­s schnellstm­öglich besser gegen Abstürze zu sichern. „Die zur DINNorm gehörende Bauordnung schreibt vor, dass das Treppenge- länder nur Öffnungen aufweisen darf, die den Maximalabs­tand von zwölf Zentimeter­n nicht überschrei­ten“, erklärt Diplom-Ingenieur Helge-Lorenz Ubbelohde, Bundesfach­leiter Bauwesen beim Bundesverb­and öffentlich bestellter und vereidigte­r sowie qualifizie­rter Sachverstä­ndiger in Berlin. Dies gelte für Treppengel­änder in allen Gebäuden, in denen mit häufiger Anwesenhei­t von Kindern gerechnet werden muss. Lediglich im gewerblich­en Bereich gebe es Ausnahmen, berichtet der Experte. Im Jobcenter stehen die Streben deutlich weiter auseinande­r als zwölf Zentimeter. Zwar gebe es Bestandssc­hutz, berichtet Ubbelohde. „Grundsätzl­ich aber sind die Sicherheit­sbelange ausschlagg­ebend.“Der Sprecher des Jobcenters betonte, dass beim Einzug der Einrichtun­g im Jahr 2005 die Bauaufsich­t auch das Geländer geprüft und abgenommen habe.

Die Polizei, die am Donnerstag lediglich zur Unterstütz­ung der Rettungskr­äfte eingesetzt war, hat gestern die Ermittlung­en zur Unfallursa­che aufgenomme­n. Dazu soll in den kommenden Tagen auch die Mutter des Jungen vernommen werden. * Name geändert

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