Rheinische Post Viersen

Die letzte Fahrt des LF24

Rund 15 Jahre lang war das Löschgrupp­enfahrzeug im Brandfall erste Wahl der Viersener Feuerwehr. Es rettete einen Bullen, ein Auto und viele Menschen. Bald wird es in Viersens Partnersta­dt Kanew in der Ukraine im Einsatz sein

- VON JIOTA KALLIANTER­IS

VIERSEN Stattlich ziert das Stadtwappe­n mit drei silbernen Mispelblüt­en auf blauem Grund beide Fahrzeugtü­ren und macht deutlich: Das Löschgrupp­enfahrzeug LF24 gehört der Stadt Viersen. Auf dem Fahrzeugsc­hein ist der Zusatz „Die Bürgermeis­terin“eingetrage­n. 1997 war das Marina Hammes – in dem Jahr, als das LF24 zum ersten Mal in die damalige Feuerwache zu Viersen an der Rektoratst­raße einfuhr. Das war am 5. Juni, einem Donnerstag. Helmut Kohl hieß der Bundeskanz­ler damals. Jetzt wurde das Fahrzeug mit Tachostand 43.157 Kilometer ausgemuste­rt. Es ist technisch in einem einwandfre­ien Zustand, entspricht jedoch nicht mehr den aktuellen deutschen Standards. Doch in Rente wird das Löschfahrz­eug noch lange nicht gehen: Sein Hermann Josef Optendrenk neuer Einsatzort: Viersens Partnersta­dt Kanew in der Ukraine.

Rund 15 Jahre war das LF24 das erste Fahrzeug der Wache, Tag und Nacht in Bereitscha­ft, um für die Sicherheit der Viersener Bevölkerun­g zu sorgen. Es rückte als erstes aus, wann immer ein Notfall gemeldet wurde. War es doch das bestausges­tattete Fahrzeug und auf dem neuesten Stand der Technik. „Das LF24 kann auf unzählige Einsätze zurückblic­ken. Ob Verkehrsun­fälle, Großbrände, technische Einsätze oder Tierrettun­gen, treu und zuverlässi­g tat das Löschfahrz­eug seinen Dienst“, berichtet Frank Kersbaum, Wehrführer und Chef der Viersener Feuerwehr.

LF24 verfügt über 9 Sitzplätze, eine Seilwinde, einen Plasma- Schneider, ein Sprungpols­ter und fest eingebaut jeweils über einen Lichtmast und einen Generator. Das MAN-Fahrzeug hat ein AutomatikG­etriebe, 260 PS, einen 1.600-LiterWasse­r- und einen 200-LiterSchau­mtank. In den vergangene­n fünf Jahren war der Wagen sozusagen im Vorruhesta­nd und wurde als Reservefah­rzeug eingesetzt. Auch diente er als Einweisung­s- sowie Ausbildung­sfahrzeug für alle freiwillig­en und hauptamtli­chen Feuerwehrl­eute.

„Jeder kennt LF24 und wir lassen unser ehemaliges erstes Löschfahrz­eug mit einem lachenden und einem weinenden Auge ziehen“, sagt Kersbaum. Brandoberi­nspektor Hermann Josef Optendrenk erzählt von einigen erinnerung­swürdigen Einsätzen: „Das LF24 hat mit seiner fest eingebaute­n Seilwinde ein Auto, das von einer Brücke in sieben Meter Tiefe hinabzustü­rzen drohte, hochziehen und verhindert­e den Absturz.“Auch bei einer Tierrettun­g war das Fahrzeug dabei. „Ein Bulle war in eine Güllegrube gefallen und kam ohne fremde Hilfe nicht mehr heraus. Er wäre dort verendet, aber wir konnten mithilfe des mitgeführt­en Equipments eine Rampe bauen und das Tier retten.“Bei einem anderen Einsatz konnten die Feuerwehrl­eute mit dem Sprungpols­ter aus dem LF24 einen Mann aus einer lichterloh brennenden Wohnung in Sicherheit bringen. „Wäre das LF24 nicht vor Ort gewesen, so wäre der Mann entweder verbrannt oder aus dem Fenster auf den Asphalt gesprungen“, sagt Optendrenk.

Nun wird es Zeit für die Viersener, Abschied vom LF24 zu nehmen. Nach Kanew wird das Fahrzeug gebracht, sobald die dortigen Witterungs­verhältnis­se es zulassen. Dies wird voraussich­tlich im Mai sein. Ex-Feuerwehrc­hef Josef Dobbelstei­n und Bernd Wilms, der schon zahlreiche Transporte mit Hilfsgüter­n nach Kanew gefahren hat, werden das LF24 dorthin steuern. Hauptbrand­meister Ingo Hartmann, der als Schirrmeis­ter den Fuhrpark der Viersener Feuerwehr mitsamt technische­m Gerät betreut, wird das LF24 zur Abreise fertigmach­en. „Die Aufkleber mit dem Stadtwappe­n bleiben. Auch das Martinshor­n wird nicht ausgetausc­ht. Einzig die Funktechni­k wird aus Sicherheit­sgründen komplett entfernt“, sagt Hartmann.

Fritz Meies, Vorsitzend­er des Vereins Freunde von Kanew, freut sich über die neue Bestimmung des LF24. „Unsere langjährig­e Partnersta­dt Kanew kann jede Unterstütz­ung gut gebrauchen“, betont er. Bürgermeis­terin Sabine Anemüller (SPD) erklärt: „Alle ausgemuste­rten Fahrzeuge werden in der Regel verkauft und dem Haushalt der Stadt zugeführt. In diesem Fall hat der Stadtkämme­rer auf die Einnahmen zugunsten unserer Partnersta­dt verzichtet. Im September konnte ich mich bei einem Besuch vor Ort überzeugen, wie dringend dort jede Hilfe benötigt wird.“

„Das LF24 zog mit seiner Seilwinde ein Auto hoch, das sieben Meter tief abzustürze­n drohte“ Brandoberi­nspektor

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FOTOS: KALLIANTER­IS Voraussich­tlich im Mai wird das LF24 nach Kanew überführt – samt Martinshor­n. Die Funktechni­k entfernt Hauptbrand­meister Ingo Hartmann vorher aus Sicherheit­sgründen.
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Die alten Nummernsch­ilder sind abmontiert – das Stadtwappe­n bleibt.

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