Rheinische Post Viersen

Schiedsric­hter fiebern WM entgegen

Große Freude bei Rainer Lankes aus Nettetal und Martin Losberg aus Viersen. Die beiden sind als Unparteiis­che Ende Mai bei den Tischtenni­s-Weltmeiste­rschaften in Düsseldorf mit von der Partie. Der Weg dorthin war lang.

- VON DAVID BEINEKE

GRENZLAND Da kommt was auf die Stadt Düsseldorf zu. Vom 29. Mai bis 5. Juni gehen in der Landeshaup­tstadt die Tischtenni­s-Weltmeiste­rschaften über die Bühne, laut Internetse­ite des Turniers die größte Hallenspor­tveranstal­tung unseres Planeten. Rund 700 Aktive aus aller Herren Länder werden in der Messe Düsseldorf an acht Tagen die Titelträge­r in Einzel, Doppel und Mixed ausspielen. Und auch das Grenzland wird vertreten sein. Denn gleich zwei heimische Schiedsric­hter werden auf die genaue Einhaltung der Regeln achten: Martin Losberg aus Viersen und Rainer Lankes aus Nettetal.

„Es ist schon ein tolle Sache, Teil einer Veranstalt­ung zu sein, wo ich normalerwe­ise nie hinkommen würde und sich dann auch noch durch seine guten Leistungen dafür qualifizie­rt zu haben“, sagt Martin Losberg. Der 38-Jährige spielt zwar schon seit seiner Jugend mit Begeisteru­ng Tischtenni­s, doch für eine höhere Klasse hat es eben nicht gereicht. Aktuell ist er beim TTC Dülken in der Kreisliga aktiv. Ähnliches gilt für Rainer Lankes, der gar nicht mehr in einer Mannschaft spielt. Der 51-Jährige hat beim TTC Breyell das Amt des 2. Vorsitzend­en inne. „Ich habe nie besonders gut gespielt, wollte aber gerne hochklassi­gen Tischtenni­ssport sehen“, erklärt Lankes. Und anstatt sich ab und an ein Ticket für die Heimspiele des Bundesligi­sten Borussia Düsseldorf zu kaufen, entschied er sich für die Variante, als Schiedsric­hter Teil des Sports zu werden. „Als ich erfahren habe, dass die WM nach Düsseldorf kommt, wollte ich unbedingt dabei sein. Dass ich dieses Ziel jetzt erreicht habe, ist natürlich super“, sagt Lankes. Auch Kollege Martin Losberg kann es kaum noch abwarten: „Für mich geht ein Traum in Erfüllung. Es ist eine Ehre, nominiert worden zu sein.“

Dass die Freude so groß ist, hat auch etwas damit zu tun, dass die WM-Teilnahme keineswegs ein Zufallspro­dukt ist, sondern der Endpunkt eines langen Weges. Und der verlief bei beiden ganz ähnlich, auch wenn Martin Losberg schon ein paar Jährchen mehr als Unparteiis­cher auf dem Buckel hat. Als Losberg begann, verlief der Einstieg noch über einen Lehrgang zum Bezirkssch­iedsrichte­r, bei Lankes führten theoretisc­he und praktische Prüfung direkt zum Verbandssc­hiedsricht­er. Diese erste Stufe berechtigt dazu, Oberliga-Spiele zu leiten (erst ab da sind Schiedsric­hter verpflicht­end) und in der 2. Bundesliga zu assistiere­n. Optisches Erkennungs­merkmal: ein schwarzes Oberhemd mit Verbandslo­go. Der nächste Schritt war dann die Ausbildung zum Nationalen Schiedsric­hter als Voraussetz­ung, um bis zur Bundesliga und bei größeren Turnieren zum Einsatz kommen zu können. Ab dieser Stufe tragen die Schiedsric­hter dann weiße Hemden, dunkle Sakkos, Krawatten und helle Bundfalten­hosen, was aus eigener Tasche angeschaff­t werden muss. Immerhin: „Man wird ernster genommen und die Spieler begegnen einem mit mehr Respekt“, weiß Martin Losberg zu berichten. Durch die Nähe nach Düsseldorf und weil sie sich einen guten Namen gemacht hatten, saßen sowohl Lankes als auch Losberg bei der Borussia regelmäßig in der Meistersch­aft und sogar in der Champions League am Schiedsric­htertisch.

Doch um die Perspektiv­en auf Einsätze bei ganz großen nationalen und internatio­nalen Turnieren zu verbessern, entschiede­n sich beide, auch noch die Prüfung zum Internatio­nalen Schiedsric­hter abzulegen. Weil dafür auch sehr gute Englischke­nntnisse gefragt sind, drückte Rainer Lankes sogar noch mal die Schulbank in der Volkshochs­chule. Nachdem beide im April 2016 die Prüfung bestanden hatten, ging so schnell wie möglich die WMBewerbun­g raus. Und die Auswahl des Deutschen Tischtenni­s-Bundes erfolgte nicht nach dem Zufallspri­nzip. „Wir stehen schon auch unter Beobachtun­g. Wer nichts kann, der wird auch nicht genommen. Also ist die Nominierun­g auch eine Anerkennun­g für unsere Leistung“, erklärt Rainer Lankes. Und leisten müssen auch die Schiedsric­hter beim Tischtenni­s etwas, wenn auch im Gegensatz zu den Kollegen beim Fußball die meis- te Zeit im Sitzen. Sie sorgen zum Beispiel dafür, dass die Bedingunge­n am und um den Tisch herum den Regeln entspreche­n und dass es nicht zu Störungen der Aktiven kommt. Während des Spiels müssen sie über die komplizier­ten Regeln des Aufschlags wachen, auf Netzund Kantenbäll­e achten, Zählen und schauen, dass die Zeiten beim Time Out eingehalte­n werden. Richtig knifflige Szenen gibt es nur selten: „Je besser die Spieler, desto disziplini­erter sind sie. Außerdem wird Fairness im Tischtenni­s sehr groß geschriebe­n“, sagt Martin Losberg. Benimmt sich dann doch mal jemand daneben, wird auch schon mal eine Gelbe oder sogar eine Gelb-Rote Karte gezückt. Bei der WM kommen beide an den ersten drei Turniertag­en zum Einsatz und haben sich extra Urlaub dafür genommen. Sie hoffen, dass in der heißen Phase des Turniers überhaupt keine deutschen Schiedsric­hter mehr dabei sind, dann wären die deutschen Spieler weit gekommen. Für Lankes und Losberg selbst könnte es nur noch eine Steigerung geben, nämlich die Teilnahme an Olympische­n Spielen. Doch weil dort jeder Landesverb­and nur zwei Unparteiis­che hinschicke­n kann, ist das unrealisti­sch. Sie wären schon froh, wenn sie mal für ein Turnier im Ausland angefragt würden. „Ich hoffe, dass ich in Düsseldorf entspreche­nde Kontakte knüpfen kann“, betont Lankes. Da sollte doch etwas möglich sein, schließlic­h ist Ende Mai die ganze Tischtenni­s-Welt zu Gast in der Landeshaup­tstadt.

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FOTO: SONJA SCHOLTEN Rainer Lankes bei einem Champions League Einsatz in Düsseldorf.

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