Rheinische Post Viersen

Das gibt Schwalmtal fürs politische Ehrenamt aus

Eine Änderung der Hauptsatzu­ng beschert Ausschussv­orsitzende­n eine höhere Entschädig­ung

- VON BIRGITTA RONGE

SCHWALMTAL Die Gemeinde Schwalmtal wird für die Entschädig­ung der ehrenamtli­ch tätigen Mandatsträ­ger mehr Geld ausgeben als bislang. In der Sitzung des Haupt- und Finanzauss­chusses votierte der Ausschuss einstimmig für eine Änderung der Hauptsatzu­ng der Gemeinde, in der die Höhe der Entschädig­ung festgesetz­t ist. Am Mittwoch ist die Änderung der Hauptsatzu­ng Thema im Rat.

Grund für die Änderung ist nicht der Wunsch von Ratsmitgli­edern nach einer höheren Entschädig­ung, sondern das Gesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverw­altung. In der Folge müssen die Kommunen ihre Satzungen anpassen. Schwalmtal ändert die Hauptsatzu­ng an drei Stellen. So wird der Stundensat­z, den Mandatsträ­ger bekommen, wenn sie durch ihre Tätigkeit einen Verdiensta­usfall haben, von fünf auf 8,84 Euro pro Stunde angehoben.

Außerdem bekommt nicht nur der Vorsitzend­e einer Fraktion eine Entschädig­ung, sondern auch sein Stellvertr­eter, wenn die Fraktion mindestens acht Mitglieder hat, sowie der zweite Stellvertr­eter, wenn die Fraktion mindestens 16 Mitglieder hat. Konkret ist von der Änderung in Schwalmtal nur die CDU betroffen: Die Fraktion stellt 19 von 34 Ratsmitgli­edern, also erhält auch der zweite stellvertr­etende Fraktionsc­hef eine Entschädig­ung.

Die Neufassung der Gemeindeor­dnung sieht zudem eine Entschädig­ung für Ausschussv­orsitzende vor. Ausnahmen bilden der Wahl- ausschuss und der Haupt- und Finanzauss­chuss. Nun wollte die Gemeinde Schwalmtal festhalten, dass auch die Vorsitzend­en der übrigen sechs Ausschüsse keine zusätzlich­e Entschädig­ung erhalten. Kämmerin Marietta Kaikos legte dar, dass die Gemeinde für die Entschädig­ung der sechs Vorsitzend­en zusätzlich 15.256,80 Euro im Jahr ausgeben müsste. Auch mit Blick auf die Haushaltsk­onsolidier­ung schlug sie vor, ihnen kein Geld zu geben.

Doch das Innenminis­terium machte der Gemeinde einen Strich durch die Rechnung: Die Entschädig­ung für Ausschussv­orsitzende werde als Baustein zur Stärkung des kommunalen Ehrenamts gesehen, Ausnahmen davon seien nicht in das freie Ermessen von Räten gestellt. Damit hatten Städte und Gemeinden keinen Spielraum mehr. Bürgermeis­ter Michael Pesch (CDU) hält die Regelung für „nicht ganz glücklich“. Es sei keine Frage, dass das Ehrenamt gefördert werden soll – aber ob eine Entschädig­ung für Ausschussv­orsitzende der richtige Ansatz sei, sei dahingeste­llt.

Der Lüttelfors­ter CDU-Ratsherr Werner Palmen ist von der Änderung der Hauptsatzu­ng doppelt betroffen. Als Ratsmitgli­ed bekam er bislang eine Entschädig­ung von 7840,30 Euro im Jahr. Diese Summe kommt nun zwei Mal hinzu – einmal, weil er zweiter stellvertr­etender Fraktionsv­orsitzende­r ist, einmal, weil er Vorsitzend­er im Ausschuss für Sport, Kultur und Tourismus ist. Einen Teil der Entschädig­ung, die er bislang erhält, gebe er an die Ortspartei und an die Kreis- partei weiter. Den Rest setze er ein, um Menschen zu helfen, die in eine Notlage geraten sind, und um Vereine zu unterstütz­en, sagt Palmen: „Ich mache das ehrenamtli­ch und erwarte kein Geld dafür. Das, was reinkommt, wird sinnvoll weitergege­ben und nicht gehortet.“

CDU-Ratsherr Hermann-Josef Güldenberg bekommt als Ratsmitgli­ed 7840,30 Euro im Jahr, als stellvertr­etender Bürgermeis­ter 3814,20 Euro und künftig aus Vorsitzend­er im Ausschuss für Demografie und Soziales 7840,30 Euro. Ohne Zweifel sei der Aufwand, den man in der Kommunalpo­litik habe, groß, und die Höhe der Entschädig­ung für Ratsmitgli­eder angemessen. „Aber die Entschädig­ung für Ausschussv­orsitzende hätte ich für überflüssi­g gehalten“, so Güldenberg. Ehrenamtli­ches Engagement in der Kommunalpo­litik stärke man nicht durch Geld: „Wer sich einbringt, muss das Gefühl haben, dass seine Betätigung sinnvoll ist.“

Claudia Foest, Ratsfrau der Grünen, dritte stellvertr­etende Bürgermeis­terin und Vorsitzend­e im Personalau­sschuss, wird wie Güldenberg 19.494,80 Euro im Jahr erhalten. „Persönlich haben wir da gar nichts von, das Geld geht an die Partei“, erklärt Foest für die Grünen. Auch sie hält die Gesetzesän­derung für nicht glücklich: „In der Öffentlich­keit kommt das so an, als würden wir uns die Taschen vollmachen, aber so ist es nicht.“

Hermann-Josef Welters, Fraktionsc­hef der SPD, befürworte­t die Entschädig­ung als Förderung des Ehrenamts. Doch auch er behält nicht die komplette Summe für sich: „Bei uns geht etwa ein Drittel an die örtliche Parteikass­e.“Den Rest gebe er an seine Familie und „dahin, wo ich meine, dass das Geld gut aufgehoben ist“.

Hans-Dieter Heinrichs, FDPFraktio­nsvorsitze­nder, glaubt nicht, dass die Entschädig­ung das Ehrenamt in der Politik fördert: „Das sind ja keine Summen, die irgendjema­nden aus der Ecke locken“. Er kritisiert die Gesetzesän­derung. „Wenn wir als Politiker der Gemeinde sagen, wir wollen das nicht, dann sollte es uns auch zugestande­n sein, darauf zu verzichten.“Thomas Paschmanns, CDU-Fraktionsv­orsitzende­r, wird noch deutlicher: „Wir erleben das häufig, dass wir nur noch zum Nicken missbrauch­t werden. Da wird wieder was beim Land entschiede­n, was die Kommunen bezahlen müssen.“

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