Rheinische Post Viersen

Drastische­r Anstieg der Fahrradunf­älle

Im vergangene­n Jahr stieg die Zahl der verunglück­ten Radler um 32 Prozent an. Erstmals seit 15 Jahren gab es mehr Radunfälle als Tage im Jahr. Eine wissenscha­ftliche Untersuchu­ng soll jetzt klären, warum so viele Kinder verunglück­en

- VON MARTIN RÖSE

KREIS VIERSEN So wenige Unfalltote wie noch nie, aber so viele Verkehrsun­fälle wie seit 15 Jahren nicht mehr – die Unfallentw­icklung im vergangene­n Jahr verlief im Kreis Viersen durchwachs­en. Besondere Sorge machen dem Leitenden Polizeidir­ektor Manfred Krüchten die Fahrradunf­älle. 412 Radfahrer verunglück­ten im vergangene­n Jahr auf den Straßen im Kreis Viersen – das ist der höchste Stand seit fünf Jahren. „Im Vergleich zu 2015 stieg die Zahl der Verunglück­ten um 32 Prozent an – diese Steigerung ist enorm“, sagt Krüchten.

Besonders betroffen macht ihn die große Zahl an Mädchen und Jungen, die auf dem Fahrrad verunglück­en. Seit sechs Jahren werden es nahezu stetig mehr. „Im Verhältnis zum Vorjahresz­eitraum haben wir ein Plus von 30,5 Prozent“, erläutert Heinz-Josef Reinhardt aus Manfred Krüchten der Direktion Verkehr. 77 Kinder verunglück­ten auf dem Fahrrad – das ist der höchste Wert seit zehn Jahren. NRW-weit hat der Kreis Viersen damit die Rote Laterne. Und das, obwohl die Kreispoliz­eibehörde seit Jahren einen strategisc­hen Schwerpunk­t auf die Fahrradunf­älle legt, einen präventiv-repräsenta­tiven Ansatz fährt. Einerseits an Schulen aufklärt, anderersei­ts auf personalin­tensive Kontrollen setzt. 530 Mal ahndeten die Polizisten falsches Verhalten von Radfahrern, darunter 172 Verstöße gegen das Handyverbo­t am Lenker. Diese repressive­n Maßnahmen sollen in diesem Jahr deutlich ausgeweite­t werden. Als „Maßnahmenz­ielwert“für 2017 sind 2400 Verwarngel­der und Ordnungswi­drigkeiten­anzeigen gegen Radfahrer angepeilt. „Durch die Neuorganis­ation der Polizei im Kreis haben wir entspreche­nd Personal“, erklärt Krüchten.

Landrat Andreas Coenen (CDU), qua Amt Chef der Polizeibeh­örde, macht deutlich, dass er die NegativEnt­wicklung nicht akzeptiere­n will. „Als Kreis haben wir Zahlen, die absolut nicht zufriedens­tellend sind.“ Problem: Niemand kann sich erklären, wieso die Fahrradunf­älle ausgerechn­et im Kreis Viersen so stark angestiege­n sind. „Früher lagen wir immer besser als der NRW-Schnitt“, erinnert sich Dieter Lambertz, Chef der Kreisverke­hrswacht Viersen. War das Kind auf dem Rad unter Zeitdruck? War es in einer Gruppe unterwegs? „In unseren Unfallberi­chten werden nur die objektiven Fakten erfasst; ich glaube aber, dass zu vielen Unfällen subjektive Gegebenhei­ten geführt haben“, erklärt Krüchten.

Landrat Coenen sagt: „An dieses Thema müssen wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Ressourcen dran gehen. Wir müssen einen wissenscha­ftlichen Blick von außen aufs Datenmater­ial werfen lassen.“Dabei soll Heinz Albert Stumpen von der Deutschen Hochschule der Polizei in Hiltrup helfen. Er unterzeich­nete gestern gemeinsam mit Coenen und Lambertz den Vertrag über eine 60.000 Euro schwere wissenscha­ftliche Untersuchu­ng der Unfälle mit radelnden Kindern im Kreis Viersen. Zwei Drittel der Kosten trägt das Land NRW, ein Drittel die Kreisverke­hrswacht – aus Spendengel­dern. „Wir werden um eine tiefergehe­nde Befragung nicht drumherumk­ommen“, erklärt Stumpen. Denkbar sei, dass die Unfallopfe­r der vergangene­n Jahre telefonisc­h oder per Fragebogen zu den Begleitums­tänden des Unfalls Auskunft geben sollen. Auch an eine Zusammenar­beit mit Verkehrsps­ychologen ist gedacht. 18 Monate wird die Untersuchu­ng dauern, am Ende sollen klare Handlungse­mpfehlunge­n an die Polizei stehen.

„Wir werden die Zahl der Kontrollen in diesem Jahr deutlich ausweiten“ Leitender Polizeidir­ektor

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FOTO: DPA Im vergangene­n Jahr verunglück­ten 77 radelnde Mädchen und Jungen im Kreis Viersen – so viele wie seit zehn Jahren nicht mehr. Die Top 4 der häufigsten selbstvers­chuldeten Unfallursa­chen: Fehler beim Einfahren in den fließenden Verkehr, Nichtbeach­ten...
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RP-FOTO: RÖSE Vereinbart­en gestern eine wissenscha­ftliche Untersuchu­ng der Unfälle mit radelnden Kindern: Dieter Lambertz (Kreisverke­hrswacht), Andreas Coenen (Landrat) und Heinz Albert Stumpen (Deutsche Hochschule der Polizei).

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