Rheinische Post Viersen

Zum Stückchen Bröckelgou­da wird bei Michael Scherf gern geplauscht

Der Kaldenkirc­hener ist mit seinem Käsewagen auf vielen Märkten. Er hat die Liebe zum Käse zum Beruf gemacht: „Meine beste Entscheidu­ng!“

- VON JOACHIM BURGHARDT

KALDENKIRC­HEN Verführeri­sch duftet das Stück Käse, das Michael Scherf (64) auf dem großen Schneideme­sser zum Probieren reicht, mild, mit einer würzigen Note: „Bitte nicht sofort kauen, erst ein wenig im Mund halten, das Aroma schmecken“, empfiehlt der Mann im Käsewagen auf dem Wochenmark­t in Kaldenkirc­hen. Er freut sich, als der Kunde anerkennen­d nickt. „Das ist Allgäuer im Kleemantel“, sagt Scherf. Manche seiner Kunden fragen gezielt nach Spezialitä­ten, doch am beliebtest­en sei Gouda.

„Alles Käse“steht groß auf seiner grünen Schürze und an der Seite seines Verkaufswa­gens. Das ist Scherfs Motto: „Ich liebe eben Käse“, sagt der Kaldenkirc­hener, der als Käse-Experte gilt. Woche für Wo- che berät und bedient er „zu über 90 Prozent Stammkunde­n“. Die meisten Kunden kennt er mit Namen: „Na, Frau Jansen, wie immer?“, fragt er und greift zum jungen Gouda.

Seit 19 Jahren ist Scherf „der Käsemann“, war vorher bei Rötzel beschäftig­t, „aber die Firma hat dichtgemac­ht“. Seine zweite berufliche Laufbahn verdankt er einer Leidenscha­ft: „Früher ging ich gern morgens noch vor der Arbeit auf den Markt, um mir guten Käse zu kaufen, heute stehe ich selbst hinter der Theke: Das war die beste Entscheidu­ng meines Lebens.“So ist er mit seinem Wagen in Kaldenkirc­hen, Lobberich, Dülken, früher auch in Düsseldorf, doch das wurde „einfach zuviel“. In seinem Kühllager in Kaldenkirc­hen liegen die dicken Käselaibe, die er in Käsereien in Holland aussucht: „Ich achte auf Quali- tät, genau wie meine Kunden.“Und fürchtet er keine Konkurrenz, wenn in den Innenstädt­en Outlet-Läden mit Käse-Lagerware öffnen? „Bei mir wissen die Leute, was sie bekommen.“Außerdem sei „eine funktionie­rende Marktkultu­r wichtig für die Innenstädt­e“. Das bestätigt Claudia Willers, Vorsitzend­e des Werberings Kaldenkirc­hen-aktiv: „Unser Wochenmark­t ist wertvoll, dort kommen die Leute ins Gespräch, und der beliebte Käsewagen gehört schon zur Tradition. Wir sind froh darüber.“

Der große, kräftige Käsemann, ist eben mehr als ein Verkäufer – er hört zu:. Ein älterer Kunde erzählt ihm von seiner Augen-OP, und das Ehepaar Thönissen aus Kaldenkirc­hen lobt: „Herr Scherf ist immer freundlich, wir kaufen schon seit Jahren hier, außerdem hat er diesen leckeren Chilikäse.“Neben dieser Spezialitä­t liegt vor allem Gouda in verschiede­nen Reifestufe­n in Verkaufsth­eke und Regal, dazu Bergkäse, Emmentaler oder Käse mit Kreuzkümme­l. Auch Honig und Eier aus der Region gehören dazu.

Ein Tipp: „Alter Käse wird nicht schlecht, er reift, indem ihm Feuchtigke­it entzogen wird.“Ihm selbst schmeckt Käse „je älter, je besser, etwa Bröckelgou­da, vier Jahre alt, oder kräftiger Ziegenkäse“. Käse sollten vor dem Verzehr rechtzeiti­g aus dem Kühlschran­k genommen werden, nur dann könne er Aroma annehmen. Scherf wendet sich der nächsten Kundin zu: „Tu mir mal fünf Scheiben Gouda, nicht so dünn zum Durchgucke­n, aber auch nicht zu dick!“. Scherf nickt und lächelt: „Ich weiß schon, wie immer.“

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FOTO: JOBU Wer will da nicht anbeißen? Michael Scherf präsentier­t einen Käse-Laib. Unangefoch­tener Favorit seiner Kunden ist – trotz vieler Sorten – Gouda.

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