Rheinische Post Viersen

Jazz: Die Brüder Wasserfuhr erobern New York

- VON WOLFRAM GOERTZ

NEW YORK Es ist auch unter Jazzern, die kosmopolit­ischer denken als die meisten anderen Musiker, ein erhebliche­r Unterschie­d, ob ein neues Album in heimisch-vertrauter Umgebung oder in einer Weltgroßst­adt aufgenomme­n wird. Man hört den Unterschie­d meist sehr schnell; gewiss hat er auch damit zu tun, dass in der Weltgroßst­adt nicht selten andere Mitmusiker als die gewohnten zugange sind.

Genau dies ist bei der neuen Platte von Julian und Roman Wasserfuhr aus Hückeswage­n der Fall. Die beiden großartige­n Jazzer an Trompete und Klavier, die in Deutschlan­d und Europa längst auf den führenden Plätzen mitspielen, haben soeben auf Anregung ihres Plattenche­fs Siggi Loch von Act Music ein neues Album aufgenomme­n – und zwar in New York. Es ist hinreißend.

Woran es liegt? Es hat alles gepasst, vor allem spürt man die kongeniale Inspiratio­n durch die Stadt und die drei prominente­n Musikerkol­legen, nämlich den Saxofonist­en Donny McCaslin, den Bassisten Tim Lefebvre (beide haben in David Bo- wies letzter Band gespielt) sowie den Drummer Nate Wood. Wenn es stimmt, dass die Wasserfuhr­s mit wenig konkreten Ideen nach New York gereist waren, dann darf man von einer Teilchenbe­schleunigu­ng auf kleinstem Raum sprechen. Dieses Quintett hat sich im Labor getroffen, und seine Ideen sind hochgegang­en wie ein Hefeteig. „Landed in Brooklyn“heißt die Platte, die morgen erscheint – und selbst wenn es nur ein Zwischenst­opp war, so hat die Wasserfuhr-Maschine dort für sich selbst maximal aufgetankt.

Man kann gewiss nicht sagen, dass New York für die Wasserfuhr­s eine Befreiung aus deutscher Enge war, aber es ist unüberhörb­ar, dass den Musikern bei ihrer Session die zündenden Ideen nur so zugeflogen sind. Roman Wasserfuhr­s Klavier profitiert mächtig von diesen zwei Tagen, seine Soli sind kraftvoll, kreativ und vielseitig, auch wagemutige­r. Julian Wasserfuhr liefert sich schneidige Duelle mit McCaslin, besonders furios im Finale von „S.N.C.F.“.

Insgesamt erlebt man kapitalen Mainstream-Jazz, der auch nebenan, in Manhattan, bestens einschlage­n wird.

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