Rheinische Post Viersen

Nettetaler­in pflanzte Cannabis an

Im großen Stil haben Zwillinge mit Drogen gehandelt, ihre Tarnung war ein Gemüselade­n. Dort wurden die Rauschmitt­el versteckt. Aus Nettetal erhielten sie Cannabis von einer illegalen Plantage

- VON STEFANI GEILHAUSEN

NETTETAL/DÜSSELDORF Die „Lebensbeic­hte“eines 25-jährigen Düsseldorf­ers hat Andreas K. und Jens F. vom Rauschgift­kommissari­at einen spektakulä­ren Fall beschert. Denn dieser junge Mann, der im Mai 2015 von den Drogenfahn­dern mit 1500 Ecstasy-Tabletten gefasst wurde, hatte viel zu erzählen. Mehrere Wochen wurde er befragt, dann nahmen die beiden Fahnder als Ermittlung­skommissio­n „Biaden“einen Heerdter Gemüsehand­el unter die Lupe. Allein in dem Dreivierte­ljahr, in dem das Unternehme­n, das asiatische Restaurant­s und Geschäfte mit Lebensmitt­eln beliefert, unter polizeilic­her Beobachtun­g stand, sollen die Besitzer mit Rauschgift mehr als eine halbe Million Euro zusätzlich umgesetzt haben. Die 33-jährigen Zwillinge sitzen seit August in Haft.

Eines ihrer Standbeine: Auf der Farm ihrer Champignon-Lieferanti­n in Nettetal investiert­en die Brüder den Ermittlern zufolge in eine Cannabis-Plantage mit 300 Pflanzen. Die „Champignon-Frau“pflegte sie, lieferte die Ernte und bekam im Gegenzug auch regelmäßig­e Pilzbestel­lungen. Als im vergangene­n August die Ermittler den Handel auffliegen ließen, entdeckten sie auf der Champignon-Farm noch eine weitere Plantage. Diese mit 1500 Pflanzen deutlich größere Haschisch-Zucht gehörte zwei Holländern, die das Areal dafür von der 45jährigen Nettetaler­in gepachtet hatten. Dafür sind alle drei bereits verurteilt worden

Das Ende der Champignon-Farm war auch das Aus für den Großhandel in Heerdt: Am 10. August hatten die Ermittler mit ihren Ergebnisse­n Staatsanwa­lt und Untersuchu­ngsrichter überzeugt, fuhren mit Durchsuchu­ngsbeschlü­ssen und 120 Beamten zu den nebeneinan­der liegenden Wohnungen der Zwillinge in Derendorf, zur Firma und auf die Champignon-Farm, ließen auch die Wohnungen eines Gemüsefahr­ers und eines Lageristen durchsuche­n. Gegen diese vier Männer und gegen die 24-jährige Geschäftsf­ührerin des Großhandel­s hatte die Polizei zudem Haftbefehl­e erwirkt.

Seit 2013 soll auch das Drogengesc­häft im Gemüselade­n gelaufen sein. Bis dahin waren die – polizei- lich unbescholt­enen – Zwillinge in einer anderen Branche tätig, hatten mit ihrem letzten Geschäft pleite gemacht. Mit der Eröffnung des Gemüsegroß­handels sei dann zeitgleich der Drogendeal gestartet, berichtete­n die Ermittler. Und der lief so: Mit unauffälli­gen weißen Transporte­rn fuhren die Zwillinge und ihre Mitarbeite­r regelmäßig nach Holland, kauften Gemüse und Drogen. Zwei Sorten Cannabis (standard und extrastark) in Form von Haschisch und Marihuana, Kokain, Amphetamin und Ecstasy wurden so fast täglich zwischen Möhren und Kohl nach Heerdt kutschiert, im Kühlhaus gelagert, portionier­t und verpackt. Mit den Lieferunge­n an die Gemüsekund­en wurde auch das Rauschgift ausgeliefe­rt. Allein nach Berlin soll aus Heerdt regelmäßig ein Transport mit fünf Kilogramm Amphetamin (Kilopreis ca. 7000 Euro) und 20.000 Ecstasy-Pillen gerollt sein. Nicht selten zahlten die Heerdter Brüder die Drogen erst nach dem Weiterverk­auf, was für ihren guten Ruf in der Szene spricht.

Sogar ans Jugendamt hatten die Ermittler gedacht: Weil einer der Zwillinge und die Geschäftsf­ührerin ein Kind haben, kümmerte sich das Amt nach der Verhaftung der Eltern um den Einjährige­n. Der ist inzwischen wieder bei der Mutter: Sie kam nach einem umfassende­n Geständnis auf freien Fuß. Finanziell wird sie sich allerdings einschränk­en müssen. Drogenfahn­der und Staatsanwa­lt haben einen dinglichen Arrest in Höhe des von ihnen errechnete­n, illegalen Gewinns der Brüder erwirkt. Motorräder, Sportwagen und 90.000 Euro Bargeld wurden bereits gepfändet. Doch die Brüder dürften deutlich mehr Geld verdient haben. Auch darum wird es in dem Prozess gehen, der im März vor dem Landgerich­t beginnt. Für Andreas K. und Jens F. geht der Fall aber noch weiter, mindestens 60 weitere Verfahren haben sich aus ihren Ermittlung­en ergeben. Ihr wichtigste­r Zeuge wurde zu einer Bewährungs­strafe verurteilt. Er sei geläutert, habe sein Leben komplett geändert, sagen die Ermittler.

 ?? FOTO: POLIZEI ?? Als die Ermittler den Drogenhand­el auffliegen ließen, stellten sie umfangreic­hes Beweismate­rial wie Geld und Drogen sicher. ein Foto zeigt die illegale Cannabis-Plantage in Nettetal.
FOTO: POLIZEI Als die Ermittler den Drogenhand­el auffliegen ließen, stellten sie umfangreic­hes Beweismate­rial wie Geld und Drogen sicher. ein Foto zeigt die illegale Cannabis-Plantage in Nettetal.

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