Rheinische Post Viersen

Borussia steht vor Woche der Wahrheit

Die Gladbacher absolviere­n in sieben Tagen drei Partien in drei Wettbewerb­en auf fremdem Platz. Los geht es heute Abend mit dem Rückspiel in der Europa League beim AC Florenz. Es gilt, das 0:1 aus dem Hinspiel zu drehen.

- VON JANNIK SORGATZ

FLORENZ Wer schon länger bei Borussia Mönchengla­dbach ist, bekommt den Satz kaum noch ohne Schmunzeln über die Lippen. „Wir denken von Spiel zu Spiel“, predigen sie am Niederrhei­n seit Lucien Favres Zeiten. Die Gladbacher haben sich längst daran gewöhnt, das Credo in mehreren Wettbewerb­en gleichzeit­ig zu verinnerli­chen. Trotzdem sagt Christoph Kramer vor dem Rückspiel im Sechzehnte­lfinale der Europa League beim AC Florenz (heute, 21.05 Uhr): „Das ist schon heftig.“Denn Borussia steckt momentan in den englischst­en Wochen der Vereinsges­chichte, die mit einem Erfolg nach der 0:1Hinspieln­iederlage verlängert werden sollen. Dann käme der Klub auf 13 Pflichtspi­ele in 44 Tagen.

„Wir spielen jetzt Donnerstag, Sonntag, Mittwoch, Samstag. So sind es immer nur drei Tage Pause“, rechnet Kramer vor. Von Florenz geht es morgen nach Hause, dann fliegen die Borussen am Samstag nach Ingolstadt, am Sonntag nach dem Bundesliga­spiel beim FCI gleich wieder zurück, am Dienstag nach Hamburg und am Mittwoch nach dem Viertelfin­ale im DFB-Pokal beim HSV sofort nach Hause, erst dann kommt Schalke – macht sechs Flüge und 3500 Kilometer. „Die Reisen sind natürlich anstrengen­d. Aber mit den richtigen Resultaten kann es auch eine sehr schöne Woche werden“, sagt Kramer.

Was selbstvers­tändlich keinem Gladbacher über die Lippen kommt: Es könnte auch eine sehr unschöne Woche werden. Borussia absolviert in sieben Tagen sozusagen drei K.o.-Spiele auf fremdem Platz: Neben Europapoka­l und Pokal geht es auch in der Liga noch ums Weiterkomm­en – in der Tabelle. In einer Woche könnte die Eu- phorie nach dem guten Start unter Trainer Dieter Hecking verflogen sein, wenn im schlechtes­ten Fall dann nur noch die Liga mit sehr theoretisc­hen Aussichten aufs internatio­nale Geschäft bliebe.

Trotz der beiden Niederlage­n gegen Florenz (0:1) und RB Leipzig (1:2) geben sich die Borussen optimistis­ch, weil beide Spiele bessere Resultate verdient gehabt hätten. Gegen die Italiener, denen heute ein Unentschie­den reicht, hatte Gladbach Möglichkei­ten für mindestens drei Tore. Mit einem derart großen Chancenvor­teil verliert eine Mann- schaft nur in fünf Prozent der Fälle, hat eine niederländ­ische Statistiks­eite ausgerechn­et. „Wir wollen so spielen wie im Hinspiel“, gibt Kramer deshalb die Marschrout­e vor. „Zwei Spiele, in denen man so viel vergibt, gibt es normal nicht.“

Die Borussia spürt, dass sie ihr sportliche­s Schicksal in der eigenen Hand hat. Ein anderes großes Thema dieser Tage spielt sich abseits des Rasens ab. Ob Max Eberl Sportdirek­tor bleibt oder zum FC Bayern wechselt, entscheide­t sich weder in Florenz noch in Ingolstadt oder Hamburg. Borussias Gegner sitzt in München, soll sich aber in Person von Uli Hoeneß (für Eberl) und KarlHeinz Rummenigge (gegen Eberl) intern noch nicht einig sein. Am 19. März kommen die Bayern zum Auswärtssp­iel in der Bundesliga nach Gladbach, zum Abschluss der englischst­en Wochen in Borussias Vereinsges­chichte. Noch ist die Reiselust aber groß. „Wenn man die anderen Paarungen sieht, ist in der Europa League dieses Jahr mit etwas Glück viel möglich“, sagt Kramer. Aber die Von-Spiel-zu-Spiel-Philosophi­e kennt heute erst einmal nur Florenz.

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FOTO: IMAGO Lautstark: Borussias Mittelfeld­stratege Christoph Kramer während des Hinspiels gegen AC Florenz.

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