Rheinische Post Viersen

Das deutsche Judo steckt im Umbruch

Olympia-Frust und Reformen: Vor dem Grand Prix in Düsseldorf muss sich die Sportart neu aufstellen.

- VON STEFAN KLÜTTERMAN­N

DÜSSELDORF Peter Frese ist zufrieden. Es sei ein bisschen stressig alles, sagt der Präsident des Deutschen Judo-Bundes (DJB), aber das sei es ja jedes Jahr, wenn der Grand Prix in Düsseldorf vor der Tür stehe. Und der steht vor der Tür: Von morgen bis Sonntag trifft sich die internatio­nale Judo-Elite in der Düsseldorf­er Mitsubishi Electric Halle zum einzigen Halt der Turnierser­ie des Weltverban­des IJF auf deutschem Boden. Für die Gastgeber ist es jedes Jahr aufs Neue ein mit Spannung erwarteter Gradmesser für den eigenen Leistungss­tand. In diesem Jahr ganz besonders, denn das deutsche Judo steckt nach nur einer Silbermeda­ille bei den Olympische­n Spielen in Rio und in Zeiten von Spitzenspo­rtreform und veränderte­m Förderkonz­ept der Stiftung Deutsche Sporthilfe im schwierigs­ten Umbruch seit Jahren.

Das finanziell relevante Förderkonz­ept konzentrie­rt sich seit 1. Januar nur noch auf Athleten, die eine Perspektiv­e nachweisen können, die da heißt: Platz eins bis acht bei WM oder Olympia. Für eine Individual­sportart wie Judo bedeutet das: Athleten wie Miryam Roper (34), die diese Perspektiv­e nicht mehr bieten, fallen als dringend benötigte Trainingsp­artner aus. Gleiches gilt für Talente, die noch keine Top-8-Perspektiv­e vorweisen können. Ein großes Problem. „Wir brauchen drei oder vier adäquate Trainingsp­artner pro Athlet. Ich kann einen KarlRichar­d Frey nicht gegen einen un- serer Junioren antreten lassen“, sagt Frese mit Blick auf seinen Leverkusen­er Top-Athleten in der Klasse bis 100 Kilogramm. In dieser Woche sind die Georgier vor Ort und bieten sich als Trainingsp­artner an.

Doch Frese ist niemand, der sich lange mit Wehklagen aufhält. Er sucht nach Lösungen – und er weiß, wo er sie findet. Einmal im Ausland. „Wenn wir Trainingsp­artner hier nicht mehr finden, müssen wir ins Ausland gehen oder Ausländer zu uns einladen“, sagt er. „Denn wir dürfen nicht mehr vom hohen Ross aus ins Ausland blicken, dort haben sie einige Sachen verbessert – teilweise mit deutschen Trainern.“Zudem sieht Frese einen Weg im Austausch mit anderen Einzelspor­tarten. „Wir müssen gucken, was wir sportartüb­ergreifend voneinande­r lernen können“, sagt er. So wurde dann die „AG Zweikampfs­port“ins Leben gerufen, um als gemeinsame Stimme von Judo, Ringen, Fechten, Karate, Taekwondo und Boxen auftreten zu können.

Die niederländ­ischen Judokas profitiere­n künftig von der Erfahrung des langjährig­en deutschen Frauentrai­ners Michael Bazynski, der wie Männer-Kollege Detlef Ultsch im November von den Juniorentr­ainern Richard Trautmann und Claudiu Pusa ersetzt wurde. Die beiden sollen neue Impulse setzen und schicken am Wochenen-

„Wir dürfen nicht mehr vom hohen Ross aus ins Ausland blicken“

Peter Frese

Präsident des Deutschen Judo-Bundes

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FOTO: IMAGO Karl-Richard Frey

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