Viele Mängel bei Kinderwagen
Nur drei von zwölf Kinderwagen haben bei der Überprüfung durch die „Stiftung Warentest“gut abgeschnitten. Bei den anderen Modellen wurden unter anderem Schadstoffe festgestellt. Experten halten die Kriterien der Tester für unseriös.
DÜSSELDORF Für werdende Eltern ist es eine schwierige Entscheidung: Welches Modell ist das schönste, praktikabelste und vor allem sicherste für das Kind? Wer schon einmal in einem Babymarkt war, weiß, dass die Auswahl an Kinderwagen riesig ist und man leicht den Überblick verlieren kann. „Stiftung Warentest“will mit ihrer alle zwei Jahre durchgeführten Untersuchung von gängigen Kinderwagenmodellen Orientierung bieten. Doch sind die Ergebnisse des aktuellen Tests alarmierend und dürften mehr verunsichern denn bei der Entscheidung helfen. Selbst namhafte Hersteller schneiden dort schlecht ab: Dreimal vergaben die Tester die Gesamtnote ausreichend und viermal sogar ein Mangelhaft. Nur drei von zwölf Marken erreichten ein gutes Ergebnis. Testsieger ist Britax „Go Big“.
In einigen der getesteten Kinderwagen wies „Stiftung Warentest“Schadstoffe nach. So etwa Tris-Dichlorpropylphosphat (TDCPP), ein Flammschutzmittel, das im Verdacht steht, Krebs zu erzeugen. Betroffen war etwa das Modell „Buffalo“der Marke Bugaboo, in dessen Kunstledergriffen laut dem Test bedenkliche Mengen TDCPP zu finden sind. Der Wagen wurde daher als mangelhaft bewertet. Als Richtlinie hatte die „Stiftung Warentest“Grenzwerte angelegt, die normalerweise für Kleinkinderspielzeug zum Tragen kommen. Die Begründung: Kinder halten sich an Griffen fest und lutschen daran.
Mit den Ergebnissen konfrontiert, teilte Bugaboo mit, dass alle Produkte den europäischen Sicherheitsstandards entsprächen und die Einhaltung dieser Standards kontinuierlich in Zusammenarbeit mit dem Tüv Süd überwacht und überprüft werde. „Unabhängig davon strebt Bugaboo eine Produktsicherheit an, die weit über die geltenden rechtlichen Anforderungen und regulatorischen Standards hinausgeht“, heißt es.
Ein Sprecher des Tüv Süd bestätigt, dass das betroffene Modell die sicherheitstechnischen Anforderungen im Rahmen der EU-Normen erfülle. Und dass das europäische Chemikalienrecht (Reach), das auch für Kinderwagen gelte, keine Grenzwerte für das Flammschutzmittel TDCPP definiere. „Ein Verbot hierfür gibt es nur im europäischen Spielzeugrecht für Kleinkinderspielzeug“, so der Sprecher.
„Fragwürdig“nennt Dominik de Lange, Inhaber des Düsseldorfer Fachgeschäfts Baby Kochs, das Vorgehen der Tester. „Warum werden nicht die gültigen Kinderwagennormen angesetzt?“, fragt der Fachmann. „So ergibt sich der Eindruck, dass der Bugaboo gefährlich und nicht sicher ist – dabei entspricht er allen offiziellen Werten. Eltern werden bewusst verrückt gemacht.“Zudem hätten die Tester offensichtlich beim Aufbau des Wagens Fehler gemacht. Auf dem im Heft abgebilde- ten Modell sei das Verdeck falsch herum montiert worden, sagt der Fachmann. Auch der Sportaufsatz sitze nicht richtig. Dazu schreiben die Tester in ihrer Kritik: Die Erstmontage braucht Geduld. Auch das widerlegt de Lange. „Der Aufbau ist recht einfach und gut beschrieben.“Der Bugaboo gehört in Düsseldorf zu den meistverkauften Wagen, gilt er doch als leicht, wendig und somit großstadttauglich.
Neben den Schadstoffen wurden auch Handhabung und Sicherheit der Kinderwagen geprüft. Während beim ersten Punkt fast alle Modelle die Bewertung gut und nur ein Modell befriedigend erhielt, wiesen einige Kinderwagen nach Angaben der Tester erhebliche Sicherheitsmängel auf. Beim Modell „Noxxter“ von Knorr-Baby, das die Note mangelhaft bekam, bestehe demnach die Gefahr, dass der Sitz falsch eingesetzt werde und somit kippen könne. Ebenso bestehe diese Gefahr bei den Sitzen der Hersteller Bergsteiger und Naturkind.
Das fränkische Unternehmen Knorr-Baby hat bereits auf die Ergebnisse reagiert. Es teilte mit, dass bei korrekter Handhabung keinerlei Gefahr für das Kind bestehe. „Dennoch haben wir für den unwahrscheinlichen Fall des Kippens bei falscher Montage eine Kippsperre entwickelt, die ab sofort in alle neuen Noxxter-Kombikinderwagen mit eingebaut wird“, so das Unternehmen. Ein entsprechendes NachrüstSet sollen Besitzer kostenfrei bekommen.