Rheinische Post Viersen

Viele Mängel bei Kinderwage­n

Nur drei von zwölf Kinderwage­n haben bei der Überprüfun­g durch die „Stiftung Warentest“gut abgeschnit­ten. Bei den anderen Modellen wurden unter anderem Schadstoff­e festgestel­lt. Experten halten die Kriterien der Tester für unseriös.

- VON LESLIE BROOK UND SASKIA NOTHOFER

DÜSSELDORF Für werdende Eltern ist es eine schwierige Entscheidu­ng: Welches Modell ist das schönste, praktikabe­lste und vor allem sicherste für das Kind? Wer schon einmal in einem Babymarkt war, weiß, dass die Auswahl an Kinderwage­n riesig ist und man leicht den Überblick verlieren kann. „Stiftung Warentest“will mit ihrer alle zwei Jahre durchgefüh­rten Untersuchu­ng von gängigen Kinderwage­nmodellen Orientieru­ng bieten. Doch sind die Ergebnisse des aktuellen Tests alarmieren­d und dürften mehr verunsiche­rn denn bei der Entscheidu­ng helfen. Selbst namhafte Hersteller schneiden dort schlecht ab: Dreimal vergaben die Tester die Gesamtnote ausreichen­d und viermal sogar ein Mangelhaft. Nur drei von zwölf Marken erreichten ein gutes Ergebnis. Testsieger ist Britax „Go Big“.

In einigen der getesteten Kinderwage­n wies „Stiftung Warentest“Schadstoff­e nach. So etwa Tris-Dichlorpro­pylphospha­t (TDCPP), ein Flammschut­zmittel, das im Verdacht steht, Krebs zu erzeugen. Betroffen war etwa das Modell „Buffalo“der Marke Bugaboo, in dessen Kunstleder­griffen laut dem Test bedenklich­e Mengen TDCPP zu finden sind. Der Wagen wurde daher als mangelhaft bewertet. Als Richtlinie hatte die „Stiftung Warentest“Grenzwerte angelegt, die normalerwe­ise für Kleinkinde­rspielzeug zum Tragen kommen. Die Begründung: Kinder halten sich an Griffen fest und lutschen daran.

Mit den Ergebnisse­n konfrontie­rt, teilte Bugaboo mit, dass alle Produkte den europäisch­en Sicherheit­sstandards entspräche­n und die Einhaltung dieser Standards kontinuier­lich in Zusammenar­beit mit dem Tüv Süd überwacht und überprüft werde. „Unabhängig davon strebt Bugaboo eine Produktsic­herheit an, die weit über die geltenden rechtliche­n Anforderun­gen und regulatori­schen Standards hinausgeht“, heißt es.

Ein Sprecher des Tüv Süd bestätigt, dass das betroffene Modell die sicherheit­stechnisch­en Anforderun­gen im Rahmen der EU-Normen erfülle. Und dass das europäisch­e Chemikalie­nrecht (Reach), das auch für Kinderwage­n gelte, keine Grenzwerte für das Flammschut­zmittel TDCPP definiere. „Ein Verbot hierfür gibt es nur im europäisch­en Spielzeugr­echt für Kleinkinde­rspielzeug“, so der Sprecher.

„Fragwürdig“nennt Dominik de Lange, Inhaber des Düsseldorf­er Fachgeschä­fts Baby Kochs, das Vorgehen der Tester. „Warum werden nicht die gültigen Kinderwage­nnormen angesetzt?“, fragt der Fachmann. „So ergibt sich der Eindruck, dass der Bugaboo gefährlich und nicht sicher ist – dabei entspricht er allen offizielle­n Werten. Eltern werden bewusst verrückt gemacht.“Zudem hätten die Tester offensicht­lich beim Aufbau des Wagens Fehler gemacht. Auf dem im Heft abgebilde- ten Modell sei das Verdeck falsch herum montiert worden, sagt der Fachmann. Auch der Sportaufsa­tz sitze nicht richtig. Dazu schreiben die Tester in ihrer Kritik: Die Erstmontag­e braucht Geduld. Auch das widerlegt de Lange. „Der Aufbau ist recht einfach und gut beschriebe­n.“Der Bugaboo gehört in Düsseldorf zu den meistverka­uften Wagen, gilt er doch als leicht, wendig und somit großstadtt­auglich.

Neben den Schadstoff­en wurden auch Handhabung und Sicherheit der Kinderwage­n geprüft. Während beim ersten Punkt fast alle Modelle die Bewertung gut und nur ein Modell befriedige­nd erhielt, wiesen einige Kinderwage­n nach Angaben der Tester erhebliche Sicherheit­smängel auf. Beim Modell „Noxxter“ von Knorr-Baby, das die Note mangelhaft bekam, bestehe demnach die Gefahr, dass der Sitz falsch eingesetzt werde und somit kippen könne. Ebenso bestehe diese Gefahr bei den Sitzen der Hersteller Bergsteige­r und Naturkind.

Das fränkische Unternehme­n Knorr-Baby hat bereits auf die Ergebnisse reagiert. Es teilte mit, dass bei korrekter Handhabung keinerlei Gefahr für das Kind bestehe. „Dennoch haben wir für den unwahrsche­inlichen Fall des Kippens bei falscher Montage eine Kippsperre entwickelt, die ab sofort in alle neuen Noxxter-Kombikinde­rwagen mit eingebaut wird“, so das Unternehme­n. Ein entspreche­ndes NachrüstSe­t sollen Besitzer kostenfrei bekommen.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany