Elfmeter-Misere in der Bundesliga
Nur 66 Prozent werden verwandelt. Rekordschütze Abel erklärt, wie es geht.
DÜSSELDORF Rainer Bonhof? Falsch. Ulf Kirsten? Auch nicht. Hans-Joachim Abel, der Einfachheit halber Jochen genannt, ist der sicherste Elfmeterschütze der BundesligaGeschichte. Sein Motto in den 70erund 80er-Jahren: „Hauptsache hinter der Linie.“
Wer gesehen hat, wie kläglich Makoto Hasebe, Aaron Hunt und Thorgan Hazard am vergangenen Wochenende mit ihren Strafstößen in der Bundesliga scheiterten, der wünscht sich die Konsequenz eines Jochen Abel zurück. Über PanenkaLupfer und andere Spielereien kann der frühere Stürmer nur lachen.
Von 53 Elfmetern in dieser Saison wurden 35 verwandelt (66 Prozent). Großen Anteil an der schwachen Ausbeute haben Bayer Leverkusen (vier von fünf verschossen), Borussia Mönchengladbach, Eintracht Frankfurt (beide drei von vier verschossen) und der Hamburger SV, der seine beiden Strafstöße vergab. Die Profis verschossen bereits genauso viele Elfmeter wie in der gesamten Spielzeit 2015/16. Schlechter war die Quote zuletzt in der Saison 1979/80 (63 Prozent), als Abel sein Unwesen in den Strafräumen trieb. An dem Angreifer lag das nicht. Die BundesligaQuote des gebürtigen Düsseldorfers, der für Fortuna, Westfalia Herne, den VfL und Schalke 04 die Schuhe schnürte, ist bis heute unerreicht: 16 Versuche, 16 Treffer – 100 Prozent. Die Geheimwaffe des Mittelstürmers: der harte Spannstoß. Mittlerweile zuckt der rechte Fuß des 64-Jährigen nur noch ein wenig mit, wenn der Pensionär samstags auf seinem Sofa sitzt und die Sportschau guckt. Ob es ihm wehtun würde, den Profis beim Elfmeterschießen zuzuschauen? „Naja, ich muss eher schmunzeln, wenn ich sehe, was die Jungs vom Punkt veranstalten“, sagte er im Gespräch mit unserer Redaktion.
Der frühere Bundesliga-Knipser hat gleich ein Beispiel parat: „Wenn ich mich recht erinnere, wollte Leverkusens Chicharito Anfang Dezember gegen Freiburg in die Mitte schießen. Blöderweise blieb der Torwart stehen. Der Stürmer war irritiert und ist beinahe über seine eigenen Füße gestolpert.“Ein Fehler, meint Abel: „Beim Elfmeterschießen wird nicht gezaubert. Je einfacher die Variante, desto besser.“
Der bullige Mittelstürmer hatte einen strammen Schuss. „Ich bin hingegangen, fünf Meter Anlauf, habe mir eine Ecke ausgesucht – und knack, immer schön knapp neben den Pfosten“, erklärt er. Der Schuss müsse hart und platziert sein, dafür brauche es einen langen Anlauf. „Vor allem sollte der Schütze nicht zu sehr auf den Torhüter schauen – das verwirrt nur“, sagt der Strafstoßkönig.
Verstolperte Elfer wie der von Chicharito tauchen in jedem Bundesliga-Jahresrückblick auf. Abel sitzt vor dem TV und kichert in sich hinein. Das alles könnte so einfach sein. Man müsste nur mal auf einen Schwatz bei ihm durchklingeln.