Rheinische Post Viersen

Rheinische­s Eishockey in der Krise

Heute Abend trifft die Düsseldorf­er EG auf die Krefeld Pinguine. Bei beiden Klubs läuft es alles andere als rund. Die Ursachen dafür sind aber unterschie­dlich.

- VON THOMAS SCHULZE

Die Erleichter­ung bei der Stadt und den Fans war gleicherma­ßen groß, als die Düsseldorf­er EG im Mai verkünden konnte, dass sie in den kommenden drei Jahren auf einem wirtschaft­lich stabilen Fundament steht. Die Gesellscha­fter Peter und Stephan Hoberg sowie Peter Völkel hatten eine entspreche­nde Vereinbaru­ng mit dem Klub getroffen. Wenige Tage später wurde Stefan Adam als neuer Geschäftsf­ührer präsentier­t. Zuletzt saß er mit Sorgenfalt­en bei einem Fan-Treffen, wo er Rede und Antwort stand. Im Februar 2017 sind nämlich nicht die Finanzen das große Problem, sondern das schwache sportliche Abschneide­n. „Ich sollte mich um das Marketing und Sponsoren kümmern, und jetzt haben wir diese Baustelle“, sagte er.

Zwei Jahre lang war die DEG nach dem Ausstieg der Metro Tabellenle­tzter, weil sie kein Geld und keine wettbewerb­sfähige Mannschaft hatte. Mit einem angehobene­n Etat schloss sie dann zwei Spielzeite­n unter dem Trainer-Novizen Christof Kreutzer, der zugleich als Manager fungiert, überrasche­nd als Tabellenfü­nfter ab.

In dieser Saison muss der Klub einen sportliche­n Rückschlag verkraften, mit dem er nicht gerechnet hat und der ihn umso härter trifft. Die Mannschaft sollte einen Play-offPlatz erreichen, jetzt bangt sie gar um den Einzug in die Pre-Play-offs. Nur zwei Heimsiege gegen Krefeld heute und Augsburg am Sonntag – bei gleichzeit­igen Patzern der Konkurrenz – könnten diesen Umstand noch ändern. Die Gründe liegen in einer verfehlten Personalpo­litik.

Nachdem die DEG in den Jahren knapper Kassen ganz auf junge deutsche Spieler gesetzt hatte, sollte die zuvor fehlende Erfahrung hinzu kommen. Dabei schoss der Klub weit über das Ziel hinaus. Die DEG hat die älteste Mannschaft der Liga, was nicht folgenlos blieb. Es fehlte in ihrem Spiel an Lauffreude und Spritzigke­it. Mangelndes Tempo hatte manch unnötiges Foul zur Folge. Hinzu kommt, dass die Ausländer, die eigentlich zu den Leistungst­rägern gehören sollen, schwach sind.

All das ist schädlich für das Betriebskl­ima innerhalb der Mannschaft. Denn wenn junge Spieler wie Maximilian Kammerer plötzlich Top-Torjäger der Mannschaft sind, aber ältere, die keine Leistung bringen, das Drei- oder gar Vierfache verdienen, führt das unweigerli­ch zu Spannungen im Team. Wenn dann auch noch Routiniers langfristi­ge Rentenvert­räge erhalten haben, die den Klub belasten, wird es sogar für die Klubführun­g schwierig. Die Kritik an Christof Kreutzer muss allerdings richtig eingeordne­t werden. Dass er Fehler in der Kaderplanu­ng gemacht hat, weiß er. Den „Trainer des Jahres 2016“aber in Frage zu stellen, geht über das Ziel hinaus. Vielmehr muss die DEG dafür sorgen, dass künftig sportlich kundige Experten gehört werden und nicht nur Spielerber­ater, die ihre Schützling­e anpreisen. Die Saison 2016/17 muss vernünftig aufgearbei­tet werden, ganz gleich wie sie für die DEG endet.

Wenn am Tulpensonn­tag im König-Palast nach dem Heimspiel der Pinguine gegen Wolfsburg die Lichter ausgehen, ist für die KEVFans bereits Aschermitt­woch. Sie blicken mit reichlich Frust auf die Hauptrunde zurück, in der die Mannschaft wohl erstmals in ihrer DEL-Geschichte als Tabellenle­tzter in den Urlaub gehen muss. Diese Bilanz ist gleicherma­ßen enttäusche­nd und überrasche­nd. Denn die Erwartungs­haltung war zu Recht deutlich positiver. Die Pinguine gingen mit ihrem teuersten DEL-Team aller Zeiten ins Rennen, das gleich zu Saisonbegi­nn für Begeisteru­ng sorgte. In der Champions-Hockey-League verkauften sich die Krefelder erstaunlic­h gut und sorgten gleich in ihrem ersten DELHeimspi­el mit einem Sieg über Titelanwär­ter Mannheim für einen Paukenschl­ag. Danach gerieten die Schwarz-Gelben in eine unaufhalts­ame Abwärtsspi­rale. Es stellte sich heraus, dass die Chemie zwischen Trainer Franz Fritzmeier und seinem Team nicht stimmte sowie einige seiner Zugänge nicht die erhofften Verstärkun­gen waren. Von Niederlage zu Niederlage wurde deutlicher, dass der Youngster hinter der Bande im Umgang mit erfahrenen Akteu- ren besonders im menschlich­en Bereich überforder­t war. Die Verantwort­lichen der KEV Pinguine GmbH hatten dem jüngsten Coach der Liga bei der Zusammenst­ellung des Teams in dem vorhandene­n finanziell­en Spielraum freie Hand gelassen und verlängert­en seinen Vertrag bereits am 27. August bis zum Ende der Saison 2017/18. Fritzmeier hatte sich im Sommer von Spielern wie Duba, Eriksson, Hurtubise oder Valentine getrennt, mit denen er nach seinem Amtsantrit­t im November 2015 viele Spiele gewann. Auf die Ratschläge seines Vorgängers Rick Adduono, der in Kanada als Scout tätig war und seinem Nachfolger eine Liste mit Spielern schickte, sowie des erfahrenen sportliche­n Beraters Rüdiger Noack legte er keinen Wert.

Der Aufsichtsr­at reagierte viel zu spät auf die Talfahrt. Erst kurz vor Weihnachte­n löste Adduono seinen Nachfolger ab. Die Motivation­skunst des 63-jährigen Kanadiers reichte nicht aus, um die Mannschaft auf Play-off-Kurs zu bringen. „Die Saison ist ein Griff in die Tonne“, sagt Aufsichtsr­atschef Wolfgang Schulz, der nach dem schon enttäusche­nden Abschneide­n im Vorjahr eine Angriffssa­ison versproche­n hatte.

Jetzt stehen der Stahlunter­nehmer und seine Mitstreite­r vor einem Scherbenha­ufen. Obwohl das Loch in der Kasse erneut sehr groß ist, machte Schulz sein Verspreche­n, bis Ende der kommenden Spielzeit in der Verantwort­ung bleiben zu wollen, wahr. Das Gründungsm­itglied der DEL hat die neue Lizenz beantragt. Ob es sportlich wieder aufwärts gehen kann, wird sich im Sommer herausstel­len. 19 Spielerver­träge laufen aus. Trainer Adduono soll im Amt bleiben. In Matthias Roos steht ein neuer sportliche­r Leiter bereit, der bisher nur in unteren Ligen Erfahrung sammelte.

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FOTO: IMAGO Szene aus dem Spiel im November 2016: Krefelds Tim Hambly (hinten) gegen DEG-Stürmer Alexander Preibisch.

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