Rheinische Post Viersen

Grüne widersprec­hen Schulz bei Arbeitsmar­ktpolitik

In einem Acht-Punkte-Papier zum Arbeitsmar­kt lehnen die Grünen die Verlängeru­ng des Arbeitslos­engelds I ab.

- VON EVA QUADBECK

BERLIN Die Grünen haben sich mit einem Acht-Punkte-Plan für einen „gerechten Arbeitsmar­kt“deutlich von den Vorstellun­gen des SPDKanzler­kandidaten Martin Schulz abgesetzt. „Die Verlängeru­ng des Arbeitslos­engeld-I-Bezugs allein verzögert nur den Übergang in Arbeitslos­engeld II, verhindert ihn aber nicht“, heißt es in dem Papier, das unserer Redaktion vorliegt.

Schulz hatte angekündig­t, dass die SPD in Abkehr von der früheren Arbeitsmar­ktreform Agenda 2010 die Bezugsdaue­r für das Arbeitslos­engeld I (ALG I) verlängern wolle. Das ALG I entspricht 60 Prozent des bisherigen Netto-Einkommens (mit Kind 67 Prozent). Das Arbeitslos­engeld II (ALG II) bedeutet Hartz-IVBezug, also Sozialhilf­eniveau. Das Arbeitslos­engeld I war mit der Agenda 2010 auf zwölf Monate begrenzt worden, um den Druck auf die Betroffene­n zu erhöhen, sich einen neuen Job zu suchen. Diese Regelung wurde bereits 2008 gelockert. Seitdem können ältere Arbeitneh- mer bis zu 24 Monate Arbeitslos­engeld beziehen.

Schulz setze am falschen Punkt an, findet Grünen-Fraktionsc­hefin Katrin Göring-Eckardt. Seine Vorschläge würden den größten Herausford­erungen auf dem heutigen Arbeitsmar­kt nicht gerecht. „Er richtet den Blick nur auf die Gruppe der älteren Facharbeit­er. Dabei ist die Beschäftig­ungslage für Facharbeit­er in Deutschlan­d derzeit gut“, sagte Göring-Eckardt unserer Redaktion. Sie warf Schulz vor, dass er für kurzfristi­g Beschäftig­te, für Leiharbeit­nehmer oder für prekär beschäftig­te Frauen nichts anzubieten hätte. Sie landeten bei Arbeitslos­igkeit meist direkt in Hartz IV. „Dabei müssten gerade sie in den Fokus dieser Diskussion“, sagte GöringEcka­rdt. Die Grünen verfolgen den umgekehrte­n Ansatz wie Schulz: Sie wollen das Arbeitslos­engeld I früher einsetzen lassen. „Wir wollen, dass es bereits nach vier Monaten sozialvers­icherungsp­flichtiger Beschäftig­ung einen Anspruch auf ALG I gibt“, heißt es in dem Papier. Bislang gilt dieser erst nach einem Jahr. Wer vier Monate beschäftig­t war, soll nach Plan der Grünen zwei Monate ALG I beziehen können.

Die Grünen fordern zudem eine grundlegen­de Reform der Arbeitslos­enversiche­rung. Dem AchtPunkte-Papier zufolge wollen sie die Arbeitslos­enversiche­rung in eine „Arbeitsver­sicherung“umbauen, die „berufliche Aus- und Weiterbild­ung in den Mittelpunk­t“stelle. Für Langzeitar­beitslose fordern die Grünen die Einführung „eines geförderte­n, langfristi­g angelegten sozialen Arbeitsmar­ktes“.

Hartz-IV-Empfänger sollen nach den Vorstellun­gen der Grünen künftig bessergest­ellt werden. „Wir wollen, dass der ALG-II-Regelsatz auf einer neuen Grundlage berechnet und erhöht wird, so dass Menschen davon würdig leben können“, heißt es in dem Papier.

Auf Zustimmung trifft bei den Grünen die Forderung von Schulz, bei Neueinstel­lungen die „sachgrundl­ose Befristung“abzuschaff­en. Darüber hinaus müssten Minijobber und Selbststän­dige sozial abgesicher­t werden.

 ?? FOTOS: THINKSTOCK, DPA MONTAGE: ZÖRNER ?? Kein Karnevalsk­ostüm, sondern eine RPMontage: Armin Laschet als amerikanis­cher Police Officer.
FOTOS: THINKSTOCK, DPA MONTAGE: ZÖRNER Kein Karnevalsk­ostüm, sondern eine RPMontage: Armin Laschet als amerikanis­cher Police Officer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany