Märchen mit Verfallsdatum
Der Donnerstagabend hielt eine harte Prüfung für Fußball-Romantiker bereit. Der amtierende englische Meister Leicester City trennte sich von seinem Meistertrainer Claudio Ranieri. Das im Vorjahr wohl größte FußballMärchen aus den europäischen Top-Ligen fand also ein denkbar unromantisches Ende. Denn Ranieris Entlassung („Mein Traum ist gestorben“) war mehr als nur eine Personalentscheidung, sie führte jedem Romantiker grausam vor Augen, dass der Fußball zwar verlässlich Märchen liefert, aber jedes dieser Märchen von Beginn an auch ein Verfallsdatum in sich trägt.
Leicester City hat seinen italienischen Trainer nicht entlassen, weil den Verantwortlichen dessen Gesicht nicht mehr passte. Oder weil die Klubführung auf einmal neidisch war auf Ranieris Popularität bei den Anhängern“. Der in Abstiegsnöten befindliche Klub stand einfach vor einer Entscheidung, vor der schon viele Klubs gestanden hatten: Wie lange wiegt früherer Erfolg aktuellen Misserfolg auf? Die Antwort, auf die Leicester kam und auf die jeder Verein früher oder später kommt, lautet: nicht lange.
2016 wird Leicester City sensationell englischer Meister. Nun entlässt der Klub den Meistertrainer. Ist das undankbar? Nein, es zeigt den Fußball einfach so, wie er heute ist.
Der Gewinn der Meisterschaft 2016 mit dem prognostizierten Kellerkind aus den East Midlands wird auf immer mit Ranieris Namen verbunden sein, und ziemlich sicher wird der 65-Jährige zeitlebens in den Restaurants der Stadt umsonst essen. Aber wer ernsthaft davon ausging, dass der thailändische KlubEigentümer in aller Seelenruhe mit Ranieri abgestiegen wäre, nur weil der halt sein Meistertrainer war, sieht den Fußball in einer Weise, wie