Rheinische Post Viersen

Erinnerung­en an Kaiser’s Kaffee

Im Viersener Salon zeigt die aktuelle Ausstellun­g die Geschichte von Kaiser’s Kaffee in Viersen. Auf Einladung des Vereins für Heimatpfle­ge erzählten Zeitzeugen von früher – auch Tränen flossen

- VON INGRID FLOCKEN

VIERSEN „Kaiser’s Kaffee und Viersen garantiere­n ein volles Haus.“Albert Pauly, Vorsitzend­er des Viersener Heimatvere­ins, war „überwältig­t“. Mehr als 200 Besucher, davon mehr als die Hälfte ehemalige „Kaiserlich­e“, waren in die Villa Marx gekommen, um Erzählunge­n von früheren Mitarbeite­rn von Kaiser’s zu hören und selbst etwas zu erzählen.

So wie Hans-Jakob Thoenes. Er hatte 1957 seine Ausbildung bei Kaiser’s begonnen: „Es waren sehr harte Zeiten damals“, erzählte er. Seine Eltern mussten noch fünf Mark Lehrgeld für ihren damals zwölfjähri­gen Sohn zahlen. Die Aktualität der Ausstellun­g zur Aufgabe von Kaiser’s, die einst mehr als 1000 Filialen in Deutschlan­d und in der Schweiz unterhielt­en, betonte Pauly und kündigte noch vor Ende der Ausstellun­g ein Fotobuch an.

Moderator Frank Schiffers, der selbst viele Erinnerung­en an Kaiser’s und noch immer den „Geruch von Kaffee und Kakao in der Nase“hat, fragte sich durch die Gästeschar.

Da zeigte ein Besucher ein Handtuch, das es zu einer Weihnachts­feier gab. Erika Zachau, die mit Bruder und Eltern bei Kaiser’s gearbeitet hatte, erzählte von der Toilette am Lichtenber­g, die sie nach dem Krieg noch im Urzustand „vergoldet“vor- fand und zeigte ein altes Plakat zum Thema „Putzen und Waschen“. Ein anderer Gast erzählte von einem besonderen Erlebnis seines Großvaters bei Kaiser’s: „Da stand ein Wagen vor der Tür, auf dem ein toter Bär lag, den der Chef in Rumänien geschossen hatte.“

Der Enkel des damaligen Personalle­iters berichtete von einem Re- volver, mit dessen Hilfe Konflikte bei Entlassung­en vermieden wurden.

Alle lachten, als ein Gast von einer Urlaubskar­te erzählte, die mit Rabattmark­en von Kaiser’s frankiert war. Oder von den „Fummelsfra­uen“, die alle Kolleginne­n abtasteten nach mitgenomme­nen Leckereien. Ursula Kramer, die am gestrigen Sonntag die Gäste der Ausstellun­g betreute, berichtete, dass viele etwas zu erzählen haben.

Und als Frank Schiffers fragte: „Wie schmerzlic­h empfinden Sie die Abwicklung von Kaiser’s?“, da standen vielen die Tränen in den Augen. Beifall gab es für Erich Walter, der forderte, dass die komplette Ausstellun­g in den Besitz der Stadt Viersen kommen sollte. Doch Albert Pauly wies dies zurück: „Das, was wir von Tengelmann bekommen haben, müssen wir zurückgebe­n. Es soll in Mülheim bewahrt werden.“

Angeregt durch den großen Andrang kündigte Pauly eine weitere Veranstalt­ung für Zeitzeugen von Kaiser’s an.

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RP-FOTO: KNAPPE Moderator Frank Schiffers (r.) führte durch die Erinnerung­en an vergangene Kaiser’s-Zeiten in Viersen.

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