Ha-Jo Müller machte Holtzmühle zum Möbelhaus
Nach 54 Jahren in der Möbelbranche schließt der Ostwestfale am Montag sein Einrichtungshaus an der Tönisvorster Straße
VIERSEN Die Bezeichnung „Verkäufer“mag Ha-Jo Müller nicht. So versteht er sich nicht. So hat er sich nie verstanden. Eher schon als Berater. Wer Möbel verkaufen will, muss ein Gespür für die Menschen haben. Gern erzählt der 83-Jährige von den Wohnungen, die er eingerichtet hat – in Amsterdam, München, Brüssel und Hamburg, von der Weinstube in Köln, dem Restaurant in der Lüneburger Heide.
Mehr als ein halbes Jahrhundert hat der gebürtige Ostwestfale Möbel verkauft. 1963 machte er sich in Süchteln selbstständig. 1982 kaufte er die Holtzmühle und renovierte sie. Gut 35 Jahre lang gab es „Einrichtungen Ha-Jo Müller“an der Tönisvorster Straße. Damit ist am kommenden Montag Schluss. Das altehrwürdige Möbelhaus in der Holtzmühle an der Tönisvorster Straße schließt.
Für den rüstigen Senior ist die Geschäftsaufgabe ein schwerer Schritt. Schöne Möbel sind sein Leben; die Renovierung der Mühle ist sein Lebenswerk. Bis heute hat er in dem 800 Jahre alten Gebäude eine Wohnung. „Natürlich ist es nicht leicht, aber es muss sein“, sagt er.
Müller stammt aus einem Dorf bei Höxter. Zweieinhalb Jahre ging er bei den Steyler Missionaren zur Schule. 1948 kehrte Müller in sein Heimatdorf zurück. Sein Vater stellte ihn vor die Wahl: Maurer- oder Tischlerlehre. Müller entschied sich für die Tischlerlehre. Das handwerkliche Geschick dafür hatte er. Doch der junge Mann wollte mehr. Er besuchte die Handelsschule und suchte sich eine kaufmännische Lehre. „45 Mark gab es im ersten Lehrjahr.“
Seine ersten Stellen als Möbelverkäufer nahm er in Moers und Duisburg an. Einige Jahre später warb ihn ein Mönchengladbacher Möbelhaus ab. „Sie boten mir 1000 Mark und eine Neubauwohnung.“Müller wechselte. „Ich kam da gut zurecht. Aber mich stach der Hafer: Warum sollten nur andere das schöne Geld verdienen?!“
1963 eröffnete er sein erstes eigenes Möbelhaus in Süchteln. „Ich hatte nicht viel, als ich hier ankam: meine Frau, meine beiden Kinder, eine Schreibmaschine der Marke Olympia – Modell Gabriele, ein Auto und 10.000 Mark“, erzählt Müller.
Das Geschäft mit hochwertigen Möbeln lief gut – damals. „Interlübke, Walter Knoll, Cor-Sitzmöbel, Poggenpohl-Küchen – das waren und sind unsere Marken.“Sie waren auch der Grund, warum sich Müller in Süchteln niederließ. Er brauchte eine Stadt, in der diese Fabrikate nicht verkauft wurden.
1982 kaufte Müller die Holtzmühle. Er benötigte eine größere Fläche und eine bessere Verkehrsanbindung. „Die Stadt bot mir vier Grundstücke an: das Hallenbad Dülken, den Wasserturm Viersen, die Holtzmühle und ein Grundstück in Mackenstein.“Nach zwei Jahren Bedenkzeit entschied sich Müller für die baufällige Mühle. „Wenn ich heute die alten Fotos sehe, denke ich: Mich muss der Teufel geritten haben.“In zwei Bauabschnitten – 1982 und 1990 – sanierte er das denkmalgeschützte Gebäude.
Bis Anfang der 2000er Jahre lief das Geschäft gut. Müller hatte seine Stammkunden. Doch die Branche veränderte sich, wurde schnelllebiger. „Als die Rabattgesetze kippten, ging es mit dem persönlichen Einzelhandel bergab. Heute will sich kaum ein Kunde bedienen lassen.“
Fünf Tage Räumungsverkauf noch, dann geht für Müller ein Lebensabschnitt zu Ende. Neue Pläne hat er bereits: Im Mai läuft er die Trierer Wallfahrt mit.
„Die Steyler Patres haben uns gelehrt: Du kannst etwas, und du sollst nicht obrigkeitshörig sein.“ „Ich hatte nicht viel, als ich ankam: meine Frau, meine Kinder, eine Schreibmaschine, ein Auto und 10.000 Mark“