Rheinische Post Viersen

„Hecking gibt dem Team ein Gesicht“

Der frühere Stürmer, der zu Beginn seiner Karriere Schalker war und später auch für Gladbach spielte, spricht über ein außergewöh­nliches Tor gegen S 04, „Borussia Barcelona“und das Treffen seiner Ex-Klubs im Achtelfina­le der Europa League.

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Mike Hanke kam mit 17 zu Schalke 04, machte dort am 4. Mai 2002 gegen den VfL Wolfsburg sein erstes Bundesliga-Spiel. Insgesamt machte er 79 Pflichtspi­ele für die Schalker, 13 davon im Uefa-Cup – für keinen anderen Klub war er internatio­nal öfter aktiv. Borusse wurde er erst in der Spätphase seiner Karriere nach den Stationen Wolfsburg und Hannover. Der damalige Trainer Michael Frontzeck holte Hanke als Verstärkun­g im Abstiegska­mpf. Frontzecks Nachfolger Lucien Favre erfand Hanke, der bis dahin reiner Mittelstür­mer war, noch mal neu: „Ich war früher eher der Torjäger, habe mich dann ein bisschen umgewandel­t zum Neuneinhal­ber, zum Bälle-Verteiler. Ich fahre mit der Rolle ganz gut“, sagte Hanke, der 95mal für Gladbach spielte, nach dem 3:0 gegen Schalke am 11. Februar 2012. Das 4:2 vom Samstag, das Hanke als Zuschauer im BorussiaPa­rk verfolgte, erinnerte stark an dieses Spiel. Karsten Kellermann sprach mit dem 33-Jährigen darüber und über die Chancen seiner ExVereine, die sich heute (21.05, live bei Sky und Sport 1) zum ersten Achtelfina­l-Spiel der Europa League in Gelsenkirc­hen treffen.

Wie hat Ihnen Borussias zweites Tor beim 4:2 gegen Schalke gefallen?

HANKE Es war schön anzusehen.

War es für Sie nicht ein Déjà-vu-Erlebnis? 2012 gab es ein 3:0 gegen Schalke, da haben Sie das 2:0 auf ähnliche Art erzielt: Nach einer großartige­n Kombinatio­n mit Patrick Herrmann und Juan Arango.

HANKE Stimmt, das war damals ein ähnlich schönes Tor. Ich fand Schalke allerdings noch einen Tick besser als jetzt. Das Team ist heute kunterbunt aufgestell­t, und ich kann da leider keine Spielidee erkennen. Das wird natürlich in solchen Situatione­n wie bei dem Tor von Fabian Johnson deutlich. Borussia hat wunderbar kombiniert, Schalke keinen Zugriff bekommen.

Nach dem 3:0 2012 hieß es „Borussia Barcelona“– auch wegen Ihres Tores.

HANKE Es war generell ein besonderes Tor für mich, es war schließlic­h mein erster Treffer gegen Schalke.

Ibo Traoré hat nach dem 2:1 getwittert: „Barcelona! #tikitaka“. Bei „11 Freunde“wurde auch an den FavreStil jener Tage erinnert. Ist das Spiel mit dem von damals vergleichb­ar?

HANKE Auf gewisse Weise schon. Borussia hat sich am Samstag geschickt fallen lassen und auf Kontergele­genheiten gewartet. Das haben wir bei Lucien Favre auch gemacht. Wenn wir dann den Ball hatten, ging es über unsere schnellen Spieler wie Patrick Herrmann und Marco Reus rasant nach vorn. Auch jetzt hat Borussia ein schnelles Umschaltsp­iel und Spieler, die gern kombiniere­n. Darum würde ich sagen: Es passt schon mit Borussia Barcelona, wenn man solche Tore sieht.

Auch damals gab es nicht lange zuvor ein Spiel gegen Schalke, da wurde 3:1 im DFB-Pokal gewonnen. Heißt das, dass Borussia nun auch in den anstehende­n Europa-League-Spielen Favorit ist?

HANKE Man kann die verschiede­nen Spiele nicht vergleiche­n. Wir hatten 2012 einfach eine tolle Phase, in den Spielen ist uns alles gelungen. Aber Garantien gibt es nicht. Schalke wird sich jetzt etwas Neues einfallen lassen, damit es anders läuft. Die Gladbacher werden sicherlich wieder auf Konter spielen, gerade im Hinspiel auf Schalke. Borussia sollte sich auf keinen Fall auf dem 4:2 ausruhen.

Man kann sich nach dem Spiel trotzdem schwer vorstellen, dass es plötzlich ganz anders wird?

HANKE Das kann schon sein. Es ist ja leider so, dass man bei Schalke seit Jahren keinen roten Faden erkennen kann.

Machen Sie sich Sorgen um Schalke?

HANKE Natürlich macht man sich Gedanken um seinen früheren Klub. Ich glaube allerdings nicht, dass die Schalker ganz unten rein rutschen oder sogar absteigen. Sie werden noch das eine oder andere Spiel gewinnen, da bin ich sicher.

Die Gladbacher standen nach den ersten 16 Spielen auch am Rand der Gefahrenzo­ne. Dann kam der neue Trainer Dieter Hecking und hat die Mannschaft stabilisie­rt. Erklären Sie, wie er das geschafft hat. Sie haben mit Hecking in Hannover zusammenge­arbeitet.

HANKE Ich habe gleich nach seiner Verpflicht­ung gesagt, dass er der richtige Mann für Borussia ist. Ich finde, er hat sich als Trainer noch mal extrem weiterentw­ickelt. Er spricht viel mit den Spielern, er hat eine gute Ansprache. Er gibt dem Team ein Gesicht, weil er eine klare Idee hat. Es ist wichtig, dass der Trainer eine Marschrich­tung vorgibt.

Schafft Markus Weinzierl das auf Schalke nicht?

HANKE So gut kenne ich Markus Weinzierl nicht. Ich kann Schalke nur nach dem beurteilen, was ich auf dem Platz sehe. Und da fällt mir eben auf, dass einige Sache im Team nicht stimmen.

Also ist Borussia Mönchengla­dbach der große Favorit auf das Weiterkomm­en?

HANKE Das sehe ich schon so. Es ist allerdings nicht, als würden die Bayern gegen Darmstadt spielen. Gladbach und Schalke haben gute Teams, Schalke hat große individuel­le Klasse. Aber die mannschaft­liche Geschlosse­nheit spricht für Gladbach. Wenn die Borussen ihr Spiel wieder so hinkriegen wie Samstag, hat Schalke keine Chan- ce. Allerdings hat Schalke im Hinrunden-Spiel, beim 4:0, in der zweiten Halbzeit gezeigt, was möglich ist, wenn es läuft. Schaffen es die Schalker, so aufzutrete­n, dann ist die Situation eine andere. Ich bin sehr gespannt auf die beiden Spiele.

Ärgert es Sie eigentlich, dass Gladbach und Schalke aufeinande­rtreffen. Man hätte sich auch ein deutsches Finale vorstellen können.

HANKE Ich finde es gar nicht so schlecht, denn so kommt auf jeden Fall ein deutsches Team ins Viertelfin­ale. Außerdem ist es für beide ein Vorteil, dass es nur kurze Wege sind bei den Spielen. Das kommt doch in den Englischen Wochen gelegen. Und ich finde es interessan­t, dass die Mannschaft­en in so kurzer Zeit dreimal aufeinande­r treffen. Es wird spannend zu beobachten, wie die Trainer und Teams taktisch damit umgehen – und auch, mit welcher Einstellun­g man an die Spiele herangeht. Es ist eine schöne Herausford­erung.

2012 haben Sie mit Borussia das Pokal-Halbfinale erreicht, das dann aber im Elfmetersc­hießen gegen den FC Bayern München verloren ging. Nun steht Gladbach wieder im Halbfinale, der Gegner ist Frankfurt. Mal ehrlich: Ihr Kumpel Thorben Marx ist ja Berliner, haben Sie schon eine Reise zum Pokalfinal­e in seine Heimatstad­t verabredet, um dort Borussia zu sehen?

HANKE So weit ist es ja noch nicht. Allerdings gehe ich davon aus, dass Gladbach ins Finale kommt. Und dann werden wir sicher dabei sein.

Mit Thorben Marx wollen Sie ein Business aufziehen, wie ist der Stand? Bei Facebook war zu sehen, dass es ein Fotoshooti­ng mit Borussen-Spielern gab.

HANKE Stimmt. Wir sind in der Endphase der Vorbereitu­ngen. Es soll im Mai losgehen. Es ist ein LifestyleP­ortal für Profis und Fans. Es heißt Tivela.

 ?? FOTO: SIMON (ARCHIV) ?? Maßarbeit: Am 11. Februar 2012 erzielt Mike Hanke das 2:0 gegen Schalke nach einem doppelten Doppelpass. Danach wurden er und die anderen Gladbacher als „Borussia Barcelona“geadelt.
FOTO: SIMON (ARCHIV) Maßarbeit: Am 11. Februar 2012 erzielt Mike Hanke das 2:0 gegen Schalke nach einem doppelten Doppelpass. Danach wurden er und die anderen Gladbacher als „Borussia Barcelona“geadelt.

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