Rheinische Post Viersen

Heckings Mischung bringt Erfolg, Weinzierls noch nicht

Vor dem ersten Europa-League-Achtelfina­le der deutschen Teams hat Schalke Probleme, die Borussia hinter sich hat.

- VON KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH Die Debatte gibt es in Mönchengla­dbach nicht mehr. Schalkes Trainer Markus Weinzierl hingegen wurde gestern angesichts der bedrohlich­en Situation nach dem 2:4 im Gladbacher Borussia-Park am vergangene­n Samstag gefragt, ob seine Entscheidu­ng für die Dreierkett­e damit zu tun habe. Ende des vergangene­n Jahres war das Wort „Dreierkett­e“bei den Borussen, heute Gast der Schalker im ersten Europa-LeagueAcht­elfinale, quasi die Zusammenfa­ssung aller Probleme, die der Klub damals noch unter Ex-Trainer André Schubert hatte. Es war für Schuberts Kritiker ein Synonym für Instabilit­ät, Gegentorfl­ut, Chaos. Kurz: für die Krise. So ist es auch jetzt bei Schalke. Wer „Dreierkett­e“sagt, meint damit alles, was derzeit schiefläuf­t in Gelsenkirc­hen. Die Bilder dazu lieferte das 2:4 in Gladbach: Sie zeigten ein überforder­tes Schalke, das wie der genaue Gegenentwu­rf wirkte zum spielfreud­igen Gladbach.

Dort kommt die „Dreierkett­e“nur noch als Vergangenh­eitsform vor. Dieter Hecking, der André Schubert beerbt hat, hat sie mal kurz auspro- biert in der Vorbereitu­ng auf die Restsaison, doch er setzt konsequent auf ein klassische­s 4-4-2. „Mit Hecking haben wir wieder eine gute Organisati­on, eine gute Struktur bekommen. Jeder weiß genau, was er wann zu machen hat“, sagte nun Linksverte­idiger Oscar Wendt. Das klingt wie Sätze aus Lucien Favres Tagen – und ein bisschen erinnerte Borussias Darbietung vom Samstag auch an diese Zeiten: das blitzartig­e Umschalten, die leichtfüßi­gen Kombinatio­nen vor dem 2:1 und dem 3:1, die konsequent­e Defensivar­beit, in die das gesamte Team involviert ist, das klare Positionss­piel, die abgestimmt­en Laufwege, das blinde Verständni­s. „11 Freunde“nennt Heckings Borussia eine „Favre-Blaupause“: „Es wirkte fast so, als hätte der neue Trainer Dieter Hecking in seinem Büro einen verstaubte­n Ordner aus Favre-Zeiten gefunden.“

Doch Hecking ist kein Favre-Kopierer. Es gibt in seinem BorussiaKo­nstrukt auch Elemente, die die Gladbacher in der Schubert-Zeit gelernt haben. Das forsche Pressing aus der frühen Schubert-Zeit zum Beispiel, mit dem man gerade etwas unsortiert­e Gegner wie Schalke verunsiche­rn und zu Ballverlus­ten zwingen kann, hat Hecking in seine Mixtur eingebrach­t. Indes weniger als wilde Ballhatz, sondern vielmehr als gewiefte Ballerober­ungs-Umschaltsp­iel-Strategie. Hinzu kommen die von Favre und Schubert verpönten Standards, die nun sehr effektiv genutzt werden (neun von 22 Toren). Entscheide­nd ist aber vor allem, dass Heckings Mischung erfolgreic­h ist. Er habe Borussia ein Gesicht gegeben, sagt Mike Hanke, sowohl Ex-Schalker als auch Ex-Borusse. Weinzierl hat das noch nicht geschafft. Darum gibt es auf Schalke die Debatte um die „Dreierkett­e“und in Gladbach nicht mehr.

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