Rheinische Post Viersen

Polen provoziert Eklat beim EU-Gipfel

Donald Tusk bekommt eine zweite Amtszeit als EU-Ratspräsid­ent. Seinem Heimatland missfällt das.

- VON MARKUS GRABITZ

BRÜSSEL So etwas hat es bei einem EU-Gipfel noch nicht gegeben: Die polnische Regierungs­chefin Beata Szydlo legte es schon zu Beginn auf einen Eklat an. Beim Hineingehe­n in das neue Brüsseler Ratsgebäud­e machte sie ihre Kampfansag­e: „Nichts ohne unsere Zustimmung“, forderte sie mit unbewegter Miene auf dem roten Teppich. Damit war klar: Die polnische Regierung versucht alles, um die Wiederwahl des Polen Donald Tusk zum EU-Ratspräsid­enten zu verhindern, die als erster Tagesordnu­ngspunkt auf dem Programm steht. Szydlo warb dann noch einmal für ihren Kandidaten, Jacek Saryusz-Wolski, einen langjährig­en EU-Parlamenta­rier, der allerdings nur unter Experten bekannt ist. Der Mann hatte aber ohnehin keine Chance, weil für das wichtige Amt an der Spitze des Rates nur ein ehemaliger Staats- und Regierungs­chef infrage kommt. Szydlo setzte dann noch einen drauf: Sie sagte, sie könne es nicht verstehen, dass „Gewalt“der Vorrang vor Recht gegeben werde. Gewalt?

Schützenhi­lfe hatte ihr zuvor der polnische Außenminis­ter gegeben. Daheim in Polen hatte Witold Waszczykow­ski gedroht, Polen könne den Gipfel platzen lassen.

Die polnische Regierung ist in der Sache jedoch isoliert. Nahezu alle großen Länder stützen Tusk. Da für seine Wiederwahl nicht Einstimmig­keit erforderli­ch ist, galt Tusks Wahl von Anfang an als ungefährde­t. Und so wurde er gestern im Amt bestätigt. Polen reagierte prompt und kündigte an, alle weiteren Schlussfol­gerungen des EU-Gipfels zu blockieren. Hintergrun­d des kopflosen Vorgehens der polnischen Regierung ist, dass die regierende nationalko­nservative PiS-Partei mit Tusk verfeindet ist. Regelrecht verhasst ist Tusk beim Chef der PiS, Jaroslaw Kaczynski. Der fromme Politiker glaubt, dass Tusk als Ministerpr­äsident Polens (2007–2014) hinter dem Flugzeugab­sturz steckt, bei dem sein Zwillingsb­ruder Lech 2010 umkam.

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FOTO: AP EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk (59)

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