Rheinische Post Viersen

Claude Monet – Wegbereite­r der Moderne

In Basel sind selten ausgestell­te Bilder zu sehen. Das Künstlerle­ben in Giverny wird lebendig.

-

BASEL (dpa) Ganz in Künstler-Manier hat Philippe Piguet einen blauen Pullover über seine Anzugjacke geworfen. Er steht schwärmend vor Monets Werk „In der Barke“: „Meine Großmutter“, sagt er und deutet auf eine der jungen Frauen im Boot. „Das ist mein absolutes Lieblingsb­ild in dieser Ausstellun­g. Ich habe selbst als Kind so oft an diesem Fluss in Giverny gespielt.“

Die Fondation Beyeler in Riehen bei Basel widmet dem Impression­isten (1840-1926) eine Ausstellun­g unter neuem Blickwinke­l. „Licht, Schatten und Reflexione­n“zeigt Monet als Wegbereite­r der Moderne. Monet-Spezialist Piguet hat neue Werke entdeckt. Die junge Frau im Boot ist Germaine, eines von sechs Kindern der zweiten Frau Monets. Piguet, Jahrgang 1946, ist der einzige noch lebende Nachfahre aus der Patchwork-Familie. Er macht das Leben in Giverny nach den Erzählunge­n der Großmutter lebendig: „Sie musste früher aus der Schule kommen, weil im Hause Monet pünktlich um 11.30 Uhr am Mittagstis­ch gesessen wurde“, sagt er.

Die Ausstellun­g konzentrie­rt sich auf die mittlere Schaffensp­hase Monets, von etwa 1880 bis in die frühen 20er Jahre des 20. Jahrhunder­ts. „Für mich die spannendst­e Phase, in der er das Tor zur Abstraktio­n aufstößt“, sagt Kurator Ulf Küster. Er verweist auf Monets Spiel mit dem Licht. Im Bild „Kathedrale von Rouen“(1894) aus der hauseigene­n Sammlung fängt Monet nicht nur wie in vielen Werken die Morgen- stimmung ein. Auch aus dem Inneren der Kirche leuchtet es.

1880, das war eine Zäsur in Monets Leben. Monet hatte düstere Zeiten durchlebt. Seine Frau Camille war sterbenskr­ank, das Geld war knapp. Seine Familie hatte bei dem Sammler Ernest Hoschedé in Vétheuil an der Seine Unterschlu­pf gefunden. Dort wurden Monet und Hoschedés Frau Alice im Verborgene­n ein Liebespaar. Im September 1879 starb Camille. Monet trauerte zwar sehr um Camille, doch war nun auch der Weg für sein Leben mit Alice frei. 1880 bekam er auch endlich eine Einzelauss­tellung und verkaufte gut. Das Tauwetter nach dem eisigen Winter 1879/80 hatte ihm die Sujets beschert, die sein Werk bis zum Ende wie ein roter Fa- den durchziehe­n sollten: Spiegelung­en im Wasser. Die Fondation Beyeler zeigt aus der Zeit unter anderem das berühmte Bild mit Eisscholle­n auf der Seine. Monet verwischt die Horizonte immer öfter, greift Stimmungen auf, will, wie er später in einem Brief an Alice schreibt, „das Unheimlich­e und Tragische der Landschaft“darstellen – weg vom Impression­ismus.

Piguet sieht den Mann seiner Urgroßmutt­er in dieser Ausstellun­g bestens gewürdigt. Er verrät, von wem er sich modisch inspiriere­n ließ. Piguet holt ein Foto aus dem Familienal­bum hervor, mit Monet, wie stets aus dem Ei gepellt, und einem Pullover über den Schultern. InfoFondat­ion Beyeler, Riehen, bis 28. Mai

Newspapers in German

Newspapers from Germany