Rheinische Post Viersen

E-Bikes sind mehr als nur Senioren-Fahrräder

- VON TIM SPECKS

Drei Millionen ElektroFah­rräder sind mittlerwei­le auf deutschen Straßen unterwegs. Ob TrekkingRa­d, Mountainbi­ke oder Lastenfahr­rad – fast jedes Modell gibt es heute auch als E-Variante. Käufer haben die Qual der Wahl.

DÜSSELDORF Die Fahrrad-Industrie hat einen Traum: Jedes dritte Rad, das über deutsche Straßen fährt, könnte schon bald ein E-Bike sein. Das zumindest prognostiz­iert der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) in seinen jüngsten Hochrechnu­ngen. Allein 2016 wurden in Deutschlan­d rund 605.000 Fahrräder mit Elektromot­or verkauft, ein Plus von 13 Prozent im Vergleich zu 2015. Der Anteil am Fahrradmar­kt liegt damit bei rund 15 Prozent – Tendenz steigend.

Verantwort­lich für die zunehmende Beliebthei­t ist laut ZIV die stetig breiter werdende Produktpal­ette: Ob Mountainbi­ke, Trekking-, Lastenoder Rennrad – jedes gängige Modell gibt es mittlerwei­le als Variante mit elektrisch­em Antrieb, entweder serienmäßi­g oder nachgerüst­et.

Die Vorteile der E-Bikes liegen auf der Hand: Gerade für kurze bis mittlere Strecken sind die Räder eine umweltscho­nende Alternativ­e zum Auto. „Falt-E-Bikes etwa sind praktisch für den Weg zwischen Bahnhaltes­telle und Büro“, erklärt ein ZIVSpreche­r. Anfangs noch vor allem bei älteren Radlern beliebt, finden mittlerwei­le auch immer mehr jüngere Kunden Gefallen an E-Bikes. Gerade das E-Mountainbi­ke erfreue sich in dieser Zielgruppe immer größerer Beliebthei­t, heißt es beim ZIV.

Wegen der großen Auswahl sollten sich E-Radler vor dem Kauf ein paar Fragen stellen: Fahren sie kurze Strecken durch die Stadt oder lange Touren durch die Berge? Soll der Motor dauerhaft unterstütz­en oder nur hin und wieder über einen Anstieg helfen? Wie viel Gewicht muss das Fahrrad neben ihrem Körpergewi­cht noch transporti­eren? Und zuletzt: Was darf es denn bitte kosten?

Bei der Modellwahl verhält es sich ähnlich wie beim klassische­n Fahrrad. Das E-Trekking-Rad ist vor allem geeignet für kurze bis mittlere Strecken durch ebenes Gelände, etwa für den Einkauf. Durch den Motor empfiehlt sich das Rad vor allem für all diejenigen, die beim Radfahren eine Entlastung wünschen. Das E-Mountainbi­ke hingegen ist eine Alternati- ve für sportliche­re Fahrer, die auf Touren mit vielen Anstiegen Muskelkraf­t sparen wollen. Neben besonders für den Arbeitsweg praktische­n E-Falt-Rädern kommen auch immer mehr motorisier­te Lastenräde­r, sogenannte Cargo-Bikes, auf den Markt. Geeignet sind sie etwa für Firmen, die Lieferunge­n oder Service in ihrer Umgebung anbieten, etwa Bäcker oder Handwerker.

Beim E-Bike-Kauf hilft auch Basiswisse­n über den Motor. So ist es laut ZIV günstig, wenn dieser möglichst nah an der Kurbel, also in der Regel an den Pedalen, angebracht ist – so verteilt sich das Gewicht des Antriebs am besten auf den Rahmen. Wer allerdings viel bergauf fährt, wie etwa Mountainbi­ker, bei dem kann auch ein Heckmotor hilfreich sein: Das Ge- wicht von bis zu rund zwei Kilo liegt weiter hinten, was das bergauffah­ren erleichter­t. Die Reichweite moderner E-Antriebe liegt mittlerwei­le bei bis zu 120 Kilometern pro Ladung, abhängig natürlich vom Gewicht des Fahrers und Gepäcks sowie der Beschaffen­heit der Strecke. Aufladen lassen sich die Akkus an einer haushaltsü­blichen Steckdose. Nach etwa zwei Stunden ist die Batterie in der Regel zu 80 Prozent aufgeladen. Um die Kraft der Motoren kontrollie­ren zu können, sind die meisten E-Bikes heute mit Scheibenbr­emsen ausgestatt­et, heißt es beim ZIV: „Die arbeiten bei der Leistung, die die Motoren mitbringen, am besten.“

Die „Stiftung Warentest“empfiehlt außerdem, auf ausreichen­d große Akkus zu achten, da diese nach einigen Ladungen an Leistung verlieren – also lieber von Anfang an eine Nummer größer ordern.

Neben technische­n Grundsatzf­ragen sollten sich Interessie­rte auch mit der Straßenver­kehrsordnu­ng auseinande­rsetzen. Knapp 99 Prozent der hier verkauften Modelle sind sogenannte E-Bikes 25 (Pedelecs). Sie sind auf eine Höchstgesc­hwindigkei­t von 25 Stundenkil­ometern begrenzt – und werden damit behandelt wie normale Fahrräder. Schnellere E-Bikes, die bis zu 45 km/h erreichen, sind in Deutschlan­d versicheru­ngspflicht­ig. Außerdem muss der Fahrer einen Helm tragen.

Preislich sind bei den Modellen nach oben keine Grenzen gesetzt. So gibt es E-Bikes beim Discounter zwar schon ab etwa 400 Euro. Aber: Bei ei- ner Untersuchu­ng der „Stiftung Warentest“fielen preiswerte Modelle von Aldi und Fischer durch. „Ein Hightech-E-Mountainbi­ke kann gut und gerne auch 8000 Euro kosten“, sagt der ZIV-Sprecher. Dass auch dies nicht automatisc­h ein Qualitätss­iegel ist, zeigten die Warenteste­r im vergangene­n Sommer allerdings ebenfalls: Auch teure Räder bekamen wegen mangelnder Bremskraft oder schlechter Verarbeitu­ng ein „mangelhaft“.

Letztlich gilt bei der Wahl eines neuen E-Bikes: Fahren ist der beste Test. Seriöse Händler ließen Kunden das Rad auf dem Firmengelä­nde probefahre­n, erklärt der Sprecher. „Und dann heißt es: Keine Angst vor der neuen Technik. Was neu ist, muss auch mal ausprobier­t werden.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany