Rheinische Post Viersen

Mönchengla­dbach ist abgebrühte­r als Schalke

- VON KARSTEN KELLERMANN

GELSENKIRC­HEN Tony Jantschke war ganz pragmatisc­h. „Das Ergebnis ist super“, sagte der Rechtsvert­eidiger von Borussia Mönchengla­dbach. 1:1 spielte sein Team im ersten Europa-League-Achtelfina­le beim deutschen Konkurrent­en FC Schalke 04 und nach allen Wahrschein­lichkeiten, die diverse Statistike­n hergeben, sind die Gladbacher Favorit auf den Einzug in die nächste Runde. Neun der vergangene­n zehn Heimspiele hat Borussia gegen Schalke gewonnen, ist nach einem Auswärts-Unentschie­den in einem Europa-Hinspiel nur einmal in acht Fällen ausgeschie­den und hat bisher auch nur eines der sechs Bundesliga-Duelle in der Europapoka­lgeschicht­e nicht erfolgreic­h gestaltet. Das war 1980 das Uefa-CupEndspie­l gegen Frankfurt.

Trotzdem garnierte Trainer Dieter Hecking seine Aussagen zur Chancenver­teilung mit einer versteckte­n Warnung: „51 zu 49“sei die Wahrschein­lichkeit, zugunsten seines Teams. Minimal also. Was Hecking und die Seinen wussten: Es hätte auch anders laufen können in der Schalker Arena. Sein Team war nach der Pause deutlich unterlegen und verdankte es vor allem dem starken Torwart Yann Sommer, dass aus der anfänglich­en 1:0-Führung nicht noch eine klare Niederlage wurde. Schalke war ganz anders drauf als beim 2:4 in der Bundesliga, viel aufgeräumt­er, viel aggressive­r, viel laufbereit­er, viel gefährlich­er. Spielt Schalke so auch im Rückspiel, ist es mitnichten eine vorentschi­edene Geschichte.

Aber in Gelsenkirc­hen zeigte sich auch: Die Gladbacher sind in Sachen Abgebrühth­eit einen Schritt weiter als der Gegner, dessen Aufwand nicht belohnt wurde. Gladbach kann auf Ergebnis spielen. „Wir haben die Ruhe bewahrt und den Kopf oben behalten“, sagte Jantschke. Nach Jonas Hofmanns Tor hatten die Borussen, was sie wollten: das Auswärtsto­r, das in der Europapoka­l-Arithmetik mehr Gewicht hat. „Das ist eine gute Ausgangspo­sition“, sagte Kapitän Lars Stindl. Gut spielte sein Team nicht und hatte zeitweise arge Probleme. Doch es hielt den Punkt fest. Nur das zählt letztlich. Diese Pragmatik ist typisch für Hecking. Manchmal ist es das Naheliegen­de, was hilft. Das hat Hecking seinen Spielern gesagt – und dafür hat er ihnen Werkzeuge an die Hand gegeben, den Glauben an sich selbst und die einfachen Dinge des Fußballs.

Bevor sich beide West-Klubs am Donnerstag zum möglicherw­eise extralange­n Showdown in Gladbach treffen, wartet der Alltag namens Bundesliga. Borussia tritt beim Hamburger SV an, Schalke spielt daheim gegen Augsburg. Gladbach will punkten, um sich im ersten Tabellente­il festzusetz­en. Wenn bis dahin alles optimal gelaufen ist, kann es sich mit einem Sieg sogar bis auf zwei Punkte an Platz fünf heranpirsc­hen. Das Team von Markus Weinzierl sollte siegen, um nicht weiter abzurutsch­en. Was die Liga angeht, werden beide Trainer aus dem internatio­nalen 1:1 süßen Honig saugen. Als Motivation­s-Faktor für die Bundesliga ist es für beide ein „Super-Ergebnis“.

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