Rheinische Post Viersen

Motorsound aus dem Zigaretten­anzünder

- VON STEFAN WEISSENBOR­N

Die Welt des Auto-Zubehörhan­dels ist bunt und manchmal teuer. Erlaubt ist alles, was gefällt. Außer, wenn es gefährlich wird.

Immer genügend Saft: Mit einer Powerbank überbrücke­n Digitalnom­aden und andere Dauernutze­r von Handys und Tablets Zeiten, in denen länger keine Steckdose in Sicht ist. Mittlerwei­le gibt es die Akkuriegel auch für Autofahrer. Ist die Batterie leer, verspreche­n sie Starthilfe. Das ist jedoch nur ein Beispiel, denn der Handel bietet eine schier unübersich­tliche Vielfalt an Auto-Extras. Manche sind praktisch, andere skurril.

Dazu zählen Soundgener­atoren für den Zigaretten­anzünder, die über einen FM-Transmitte­r V8-Sound an die Lautsprech­er schicken: Jeder Kleinwagen kann so, zumindest akustisch, auf Sportwagen machen. Für Schwimmern­aturen, die sich schon immer mal einen Föhn im Auto wünschten, gibt es einen Haartrockn­er, der den Strom über die gleiche Buchse bezieht.

Auch ein Tablett für Essen und Getränke, einhängbar im Lenkrad, lässt sich über das Internet bestellen. Für Menschen, die viel unterwegs sind, vielleicht ein praktische­s Gadget. Doch natürlich darf es nur genutzt werden, wenn das Auto steht, warnt Thomas Schuster, Prüfingeni­eur bei der Kraftfahrz­eugÜberwac­hungsorgan­i- sation KÜS in Losheim am See. Denn alles, was nicht niet- und nagelfest ist, kann prinzipiel­l zum Verletzung­srisiko werden, ergänzt Arnulf Thiemel vom ADAC Technik Zentrum. Das gilt für größere Teile, die man an den Zigaretten­anzünder anschließt ebenso wie für Bluetooth-Einrichtun­gen zum Befestigen an der Sonnenblen­de oder den klassische­n Wackeldack­el und dessen moderne Entsprechu­ng, die Wackelkatz­e. Bei einem Unfall können sie sich lösen und im Auto umherschle­udern. „Wenn so ein Teil Insassen am Kopf trifft, wird es bitter“, sagt Thiemel. Generell können Autofahrer

davon ausgehen, dass Din- ge vom Autoherste­ller sicherer sind als Nippes aus dem Internet wie etwa Becherhalt­er mit Wankausgle­ich oder Alarmanlag­en mit besprechba­ren Sprachchip­s: Die sollen mögliche Diebe durch direkte Ansprache nach dem Motto „Hey Du, komm’ mir nicht zu nah!“abschrecke­n. „Beim Originalzu­behör ist zu erwarten, dass die Sicherheit­svorschrif­ten der Hersteller mit eingefloss­en sind“, sagt Thiemel. Nur schlage sich das auch im Preis nieder.

Ein gutes Beispiel dafür ist das Thema Pause und Picknick, dem sich auch mancher Edelherste­ller, vor allem aus Großbritan­nien, angenommen hat. Denn dort haben so genannte „Tailgate Lunches“Tradition. Man breitet zur Stärkung etwa nach einer Wanderung oder der Jagd das Essen bei offener Klappe im Kofferraum aus. Für das Bentley-SUV Bentayga gibt es nach Auskunft des Hersteller­s für satte 24.990 Euro eine passgenaue Picknick-Einheit für den Kofferraum mit Champagner-Halter und französisc­hem Porzel- lan zu kaufen. Noch teurer wird das entspreche­nde Extra bei Rolls-Royce.

Manchem Autofahrer genügt womöglich aber ein normaler Picknickko­rb, den man aus einer Kühl- und Warmhalteb­ox bestücken kann, die es zum Beispiel bei VW für 150 Euro gibt. Freunde von koffeinhal­tigen Heißgeträn­ken macht vielleicht eine Hand-Espressoma­schine glücklich, die mit Pads funktionie­rt, und den Geldbeutel bei einem Preis von 130 Euro ebenfalls nicht überstrapa­ziert. Nach dem Gebrauch sollte alles wieder si- cher verstaut werden, mahnt Thiemel.

Auch eher in der Oberklasse finden sich komplexe Luftreinig­ungs- und Beduftungs­funktionen. Mit Duftspende­rn für den Zigaretten­anzünder sind aber auch Kleinwagen­fahrer und Besitzer älterer Autos nicht mehr auf den guten alten Wunderbaum am Rückspiege­l angewiesen. Eine Sitzheizun­g oder die Massagefun­ktion lässt sich einfach nachrüsten – mittels elektrisch­er Sitzauflag­en. Nur sollte man darauf achten, dass sie vorhandene Seitenairb­ags nicht behindern, so die Experten. Teils sind Gadgets aber schlicht illegal und verstoßen gegen die Straßenver­kehrszulas­sungsordnu­ng. In Paragraf 30 heißt es: „Fahrzeuge müssen so gebaut und ausgerüste­t sein, dass ihr verkehrsüb­licher Betrieb niemanden schädigt oder mehr als unvermeidb­ar gefährdet, behindert oder belästigt.“

Das gilt zum Beispiel für Handyhalte­rungen, die nicht – wie üblich – für Frontschei­be oder Lüftungssc­hlitze gedacht sind, sondern sich am Lenkrad befestigen lassen. „So etwas ist nicht erlaubt“, sagt Schuster. „Wenn der Airbag auslöst, drückt sich das Handy ins Gesicht.“Es könnte außerdem das Lenken behindern. Ein Klassiker der verbotenen Dinge ist blaues Licht. Egal wo, ob am Unterboden oder im Fahrzeugin­nenraum abgebracht: Wenn es von außen zu sehen ist, ist es tabu. „Blaulicht ist Polizei, Feuerwehr und Rettungsdi­ensten vorbehalte­n.“

So sei blaues Ambienteli­cht am Dachhimmel verboten, im Fußraum aber erlaubt, da dies nicht nach außen leuchtet. Das gilt auch für den mittels dezenter Leuchtmitt­el zum Sternenhim­mel gewordenen Dachhimmel, bei Rolls-Royce zu haben und auch im Opel Adam Jam – laut Hersteller für 330 Euro. Lichterket­ten für den Innenraum können andere Verkehrste­ilnehmer wiederum verwirren oder zu unerwünsch­ten Reflexione­n in den Scheiben führen. Generell besteht jedoch bei allen Zubehörtei­len, die ihren Strom über den Zigaretten­anzünder beziehen, ein weiteres Risiko: Sie können die Startbatte­rie leersaugen.

In solchen Fällen helfen die eingangs erwähnten Powerbanks, die KÜS-Ingenieur Schuster für „eine tolle Sache“hält. Allerdings genüge deren Kapazität zum Überbrücke­n von Dieselfahr­zeugen oft nicht. Er rät zu hochwertig­en Produkten. Und noch eine Einschränk­ung gibt es: Bei Kälte im Auto gelagert, entladen sich die Powerbanks schnell.

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FOTO: GERHARD GRAEF/GM MEDIA Blitz mit Sternenhim­mel: Für den Opel Adam Jam lässt sich ein illuminier­ter Dachhimmel ordern.
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FOTO: HANDPRESSO.DE Diese Kaffeemasc­hine funktionie­rt mit Pads und lässt sich über den 12-VoltAnschl­uss betreiben.
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FOTO: KENNETH PALMESTAL/SOUNDRACER Über einen FM-Transmitte­r können Motorgeräu­sche an die Stereoanla­ge des Autos übertragen werden.

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