Begegnung mit Hindernissen
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihren Antrittsbesuch bei US-Präsident Donald Trump in Washington gemacht. Die Atmosphäre war kühl. Vom dualen Ausbildungssystem der Deutschen zeigte sich Trump aber begeistert.
WASHINGTON Wenn Staats- und Regierungschefs zu Besuch ins Weiße Haus kommen, gehört es zu den Ritualen, dass der US-Präsident mit seinem Gast kurz die Presse im Oval Office empfängt. Man plaudert dann ungezwungen, lächelt viel und gibt sich für die Fotografen noch einmal die Hand. Ungezwungen gelang der Auftritt von Angela Merkel und Donald Trump aber nicht. Sie lächelten wenig. Die Fotografen forderten mehrfach zum „Handshake“auf, Merkel schaute zu Trump, war bereit, ihm die Hand zu geben. Doch der reagierte nicht. Eine knappe halbe Stunde hatten sie zu diesem Zeitpunkt schon miteinander verbracht.
Bei der Pressekonferenz einige Gesprächsrunden später versichert Trump, die Gespräche seien „produktiv“gewesen. Merkel spricht von einem „guten, offenen, intensiven Austausch“. Dabei stehen die beiden distanziert nebeneinander, beide sichtlich bemüht, ihre Gegensätzlichkeiten nicht auf offener Bühne auszutragen. Merkel signalisiert Trump, dass sie ihn irgendwie verstehe, indem sie immer wieder das Wort „fair“einstreut. Zugleich erklärt sie ihm, dass sie eben zwei Staatenlenker mit unterschiedlichen Interessen seien.
„Jeder erwartet von seinem Regierungschef, dass etwas gutes für die Menschen herauskommt.“Sie muss Trump darüber belehren, dass nicht Deutschland Handelsverträge mit den USA abschließt, sondern dass die Deutschen da ihre „Kompetenzen an die EU abgegeben“hätten. Trump wiederum betont, dass er kein Isolationist sei und für Freihandel stehe. Beide bleiben in ihrer Welt.
Es sei besser, miteinander als übereinander zu reden, sagte Merkel Anfang der Woche vor ihrem geplanten Besuch. Dann musste sich die Kanzlerin aber noch einmal drei Tage gedulden, weil sie in der USHauptstadt wegen eines Schneesturms nicht empfangen werden konnte. Am Freitag strahlte die Sonne über Washington. „Sie ist die Eiskönigin“, sagte ein US-Journalist nach der Pressekonferenz über Merkel und meinte das anerkennend. Sie könne Leuten die Meinung sagen, ohne sie bloßzustellen.
Merkel beließ es aber nicht dabei, den impulsiven Trump nicht zu reizen. Sie kam ihm auch inhaltlich entgegen. So versicherte sie abermals, dass die Deutschen künftig mehr für Verteidigung ausgeben werden – bis 2024 sollen es zwei Pro- zent des Bruttoinlandprodukts werden. Aktuell sind es 1,3 Prozent. Beide unterstrichen, dass sie im Kampf gegen den IS weiter zusammenarbeiten wollten. Trump seinerseits gab Merkel Rückendeckung für ihre Ukraine-Politik. Für Merkel einer der wichtigsten Punkte.
Stimmung kommt bei Trump üblicherweise auf, wenn Journalisten Fragen stellen dürfen. Unangenehme Fragen lässt er an sich abprallen. Auf die Frage einer deutschen Kollegin, die ihn mit seinen offensichtlichen Lügen konfrontiert, sagt er erst ironisch, das sei eine besonders freundliche Reporterin, um ihr dann aber noch vorzuwerfen, sie lese Zeitungen mit „fake news“.
Bei dem Besuch gab es zunächst ein Vieraugengespräch, was bei einem Antrittsbesuch als eher ungewöhnlich gilt. Anschließend kamen die politischen Berater dazu, bevor sich Trump und Merkel auch noch mit deutschen und amerikanischen Wirtschaftsvertretern trafen. Der konstruktivste Teil des Tages: Aus Deutschland mitgebracht hatte Merkel in ihrem Flieger SiemensChef Joe Kaeser, den BMW-Vorstandsvorsitzenden Harald Krüger und Klaus Rosenfeld, Chef des Autozulieferers Schaeffler.
Von amerikanischer Seite kamen die IBM-Chefin Virginia Rometty sowie die Unternehmensführer von Dow Chemical, Andrew Liveris, und von Sales Force, Marc Benioff. In der Runde ging es um das deutsche duale Ausbildungssystem. Trump und die Unternehmer zeigten sich angetan davon. Trumps Tochter Ivanka, die mit am Tisch bei den Unternehmensbossen saß, soll nun ein ähnliches Programm in den USA entwickeln.