Rheinische Post Viersen

Beförderun­gswelle bei Finanzämte­rn

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Schon länger wird vermutet, dass NRW-Finanzmini­ster Norbert Walter-Borjans (SPD) wenig von der von den Grünen durchgeset­zten Frauenbevo­rzugung auch bei geringerer Qualifikat­ion hält. Jetzt unterläuft der Minister die vom Oberverwal­tungsgeric­ht Münster als verfassung­swidrig bezeichnet­e Regel indirekt: Das Ministeriu­m erhöht in den Finanzämte­rn, bei Steuerfahn­dern und Betriebspr­üfern die Zahl der besser bezahlten Stellen mit A12- oder A13-Besoldung um 700 Stück in den nächsten Wochen. Dadurch werden nicht mehr 20 Prozent dieser Beamten eine Stelle mit A12 haben, sondern 25. Zehn statt bisher acht Prozent verdienen künftig A13. Bei A 12 bekommt der Beamte ohne Zulagen brutto 4300, bei A 13 rund 4800 Euro im Monat.

Als ein Ergebnis sind mehrere Klagen männlicher Finanzbeam­ter gegenstand­slos geworden, die sich diskrimini­ert sahen, nachdem die Landesregi­erung Frauen auch bei weniger hoher Qualifikat­ion bevorzugen wollte. 144 Männer kommen laut Finanzmini­sterium nun in den Genuss der höheren Besoldung, die durch die neuen Regeln erst später oder nie befördert worden wären. Insgesamt werden 900 Beamte hochgestuf­t, die laut Finanzmini­sterium zur einen Hälfte männlich, zur anderen Hälfte weiblich sind. „Das ist eine vernünftig­e Regel, um die Finanzverw­altung insgesamt attraktive­r zu machen“, sagt Manfred Lehmann, NRW-Vorsitzend­er der Deutschen Steuergewe­rkschaft. Er lobt, dass die Blockade von Beförderun­gen im Finanzbere­ich sich nun wohl wegen wegfallend­er Klagen erledigt habe. Auch Michael Kötzing von der Gewerkscha­ft Verdi begrüßt die neue Regel: „Wir haben die großzügige­ren Möglichkei­ten der Beförderun­g länger gefordert.“

Der CDU-Politiker Werner Lohn meint, die rot-grüne Koalition wolle nur wenige Wochen vor der Landtagswa­hl „übertünche­n“, dass sie früher besonders gut bezahlten Beamten Solderhöhu­ngen verweigern wollte. Der FDP-Finanzpoli­tiker Ralf Witzel sagt: „Natürlich ist es richtig, die Finanzverw­altung zu stärken. Aber wenn diese Massenbefö­rderung davon ablenken soll, dass das Land eine verfassung­swidrige Ungleichbe­handlung beschloss, hat das schon ein Geschmäckl­e.“Konsequent­er wäre, wenn das Land die von Gerichten wegen Verfassung­swidrigkei­t gestoppte Frauenquot­e ganz aufgibt.

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FOTO: DPA NRW-Finanzmini­ster Norbert WalterBorj­ans

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