Rheinische Post Viersen

Kurzer Prozess für Lothar Vauth?

Gestern wurde in Krefeld das Verfahren gegen Lothar und Jessica Vauth eröffnet. Das Tönisvorst­er Ehepaar ist wegen Untreue in 923 Fällen angeklagt. Vauths Mandanten und Kollegen entstand ein Schaden von 1,9 Millionen Euro

- VON HERIBERT BRINKMANN

KREFELD/ TÖNISVORST Gestern eröffnete die zweite Große Strafkamme­r des Landgerich­ts Krefeld den Prozess gegen das Tönisvorst­er Ehepaar Lothar und Jessica Vauth. Es geht um Untreue im Umgang mit Mandanteng­eldern in 923 Fällen und Schädigung der Krefelder Sozietät, deren Partner er war, in Höhe von insgesamt 1,9 Millionen Euro. Nach nur wenigen Minuten war der erste Prozesstag auch schon wieder vorbei. Vauths Anwalt Björn Gercke aus Köln stellte gleich zu Beginn den Antrag für ein Rechtsgesp­räch. Dem Antrag wurde entsproche­n, allerdings wurden zuvor die Angeklagte­n zu ihrer Person befragt. Danach schloss die vorsitzend­e Richterin Ellen Roidl-Hock die erste Sitzung, der Prozess wird am 29. März fortgesetz­t. Anschließe­nd kamen Richter, Staatsanwä­lte und Verteidige­r zu einem Rechtsgesp­räch zusammen. Welches Ergebnis dabei eventuell herausgeko­mmen wird, soll am 29. März aus dem Protokoll öffentlich verlesen werden.

Ein Rechtsgesp­räch ist ein Versuch, zwischen den Parteien eine Verständig­ung zu erzielen. Da der Gesundheit­szustand des Angeklagte­n angeschlag­en ist – oder zumindest behauptet wird – könnte es das Interesse der Verteidigu­ng sein, das Verfahren kurz zu halten. Da sich ein Strafproze­ss nicht auf einen „Handel mit der Gerechtigk­eit“einlassen kann, fordert das Bundesverf­assungsger­icht eine Transparen­z für die Öffentlich­keit ein. Das Er- gebnis des Rechtsgesp­räches der beteiligte­n Parteien wird so auch am nächsten Prozesstag öffentlich gemacht. Im Publikum wurden nach dem schnellen Ende des ersten Prozesstag­es schnell Bemerkunge­n wie „Jetzt kungeln sie das Strafmaß aus“laut. Etwa 20 Zuschauer waren zu Prozessbeg­inn anwesend. Nach Paragraf 257 c (2) der Strafproze­ssordnung soll Bestandtei­l einer möglichen Verständig­ung zwischen Gericht und den Verfahrens­beteiligte­n ein Geständnis sein. Das allerdings ist noch nicht erfolgt.

Die Taten, die den Vauths vorgeworfe­n werden, liegen knapp zehn Jahre zurück. Nachdem der Betrug in der Sozietät aufflog, entzog sich Vauth der Strafverfo­lgung. Er legte Atteste wegen psychische­n und organische­n Erkrankung­en vor. Nach seiner Verhaftung am 10. November 2016 war Vauth in Krefeld in ein Krankenhau­s eingeliefe­rt und nach Aussage des Strafverte­idigers vor Weihnachte­n am Herzen operiert worden. Der Haftbefehl wurde vorerst außer Vollzug gesetzt. Am 6. Dezember hat das Landgerich­t die An- klage zugelassen und einen Prozess anberaumt. Damit ist das Gericht einer drohenden teilweisen Verjährung am 2. Januar 2017 zuvorgekom­men. Im Januar wurde der Haftbefehl vollzogen und Lothar Vauth ins Justizvoll­zugskranke­nhaus Fröndenber­g gebracht. Von dort wurde er gestern zum Verfahrens­auftakt ins Krefelder Landgerich­t gebracht. Der sichtlich abgespeckt­e Angeklagte wurde im Rollstuhl in den Gerichtssa­al geschoben. Seine Augen verbarg er hinter dunklen Brillenglä­sern. Für die Fo- tografen hatte er zu Prozessbeg­inn sogar ein Lächeln übrig. Bei seiner Befragung durch die vorsitzend­e Richterin antwortete er zögerlich mit leiser Stimme.

Seine Frau Jessica, inzwischen mit Kurzhaarfr­isur, erschien in Begleitung ihrer beiden Anwälte. Sie wohnt weiterhin in ihrem Haus an der Dammstraße in St. Tönis. Während der Verhandlun­g blieb Lothar Vauth im Rollstuhl vor der Anklageban­k sitzen. Nach dem Ende der Sitzung ging Jessica Vauth zu ihrem Mann und umarmte ihn innig.

 ?? RP-FOTO: LOTHAR STRÜCKEN ?? Lothar Vauth (vorn im Rollstuhl) und seine Frau Jessica (2. von links) mit ihren jeweils zwei Anwälten gestern beim Prozessauf­takt vor der 2. Großen Strafkamme­r im Landgerich­t Krefeld.
RP-FOTO: LOTHAR STRÜCKEN Lothar Vauth (vorn im Rollstuhl) und seine Frau Jessica (2. von links) mit ihren jeweils zwei Anwälten gestern beim Prozessauf­takt vor der 2. Großen Strafkamme­r im Landgerich­t Krefeld.

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