Rheinische Post Viersen

Wendt verdient sich „etwas Schongang“

Der Schwede hat seinen Rücktritt aus der Nationalma­nnschaft erklärt, um mehr Zeit für die Familie zu haben.

- VON JANNIK SORGATZ

MÖNCHENGLA­DBACH Es ging zu schnell für die Bayern: Oscar Wendt schickte Fabian Johnson auf der linken Seite, bekam im Strafraum den Ball zurück, leitete mit der Sohle weiter zu Raffael, ein schöner Doppelpass, und dann schlenzte Wendt den Ball mit rechts in die lange Ecke. Der Borussia-Park rastete aus, noch zwei weitere Male sollte er es tun, denn am Ende gewann Gladbach 3:1 gegen den FC Bayern. Das war am 5. Dezember 2015, auch das Duell gestern sollte Borussia mit nur einem Gegentor beenden – aber im Angriff beim 0:1 eben ohne Anlässe zum Ausrasten vor Freude.

„Die Leistung war wirklich in Ordnung“, sagte Wendt dennoch. „In der ersten Halbzeit haben wir mehr verteidigt, in der zweiten waren wir etwas mehr am Ball. Wenn wir etwas genauer gespielt hätten, wäre vielleicht mehr drin gewesen.“Das war eben der Unterschie­d zum furiosen Sieg 2015, als die Personalla­ge allerdings deutlich entspannte­r war und Borussia eine Woche frei hatte vor dem Spiel.

Nun dürfen sich die Gladbacher sogar über zwei spielfreie Wochen freuen, abgesehen von einem Test gegen den FC St. Pauli am Freitag. Überrasche­nd wird Wendt dann auch vor Ort sein, denn er hat das Ende seiner Nationalma­nnschaftsk­arriere verkündet, obwohl er noch einmal von Janne Andersson nominiert worden war. Der schwedisch­e Trainer hatte anders als sein Vorgänger Erik Hamrén seit dem vergangene­n Herbst wieder auf Wendt gesetzt. „Ich habe ziemlich lange überlegt“, verriet der 31-Jährige, „aber ich habe gemerkt, dass die Motivation nicht mehr so da ist.“Im Stadion in Solna wird Wendt also weder im Europa-League-Finale mit Borussia noch für die schwedisch­e Auswahl auflaufen, das sind zwei Erkenntnis­se der Woche.

Der Rücktritt bedeutet vor allem mehr Zeit für die Familie. „Meine Frau und meine zwei Kinder werden mich öfter sehen. Hoffentlic­h freuen sie sich ein bisschen“, sagte er. Tochter Elise ist drei Jahre alt, Sohn William ein knappes Jahr. Die Konstellat­ion lässt auch Spekulatio­nen über Wendts Zukunft zu. Bis Ende Juni 2018 läuft sein Vertrag. „Natürlich würde ich gern vielleicht ein Jahr länger hier spielen. Aber wir werden sehen, was passiert“, sagte er im Dezember. „Ein Jahr länger“, das wäre bis 2019, Elise stünde kurz vor der Einschulun­g und vielleicht wäre es tatsächlic­h der Zeitpunkt für den dann knapp 34-jährigen Wendt, um in die Heimat zurückzuke­hren.

In der näheren Zukunft hat der Dauerbrenn­er auf der linken Seite noch ein paar möglicherw­eise große Wochen vor sich mit Borussia – neun Bundesliga­spiele, das DFBPokal-Halbfinale und im Optimalfal­l am 27. Mai das Finale in Berlin. Seine Aussage vom Ende des vergangene­n Jahres, dass Gladbach noch „etwas Besonderes schaffen“könne, würde sich im Nachhinein als prophetisc­h erweisen. Von 1350 Hecking-Minuten hat Wendt nur 29 verpasst, lediglich Yann Sommer und Jannik Vestergaar­d haben mehr gespielt. „Oscar bekommt für die nächste Woche etwas Schongang verordnet“, kündigte Trainer Dieter Hecking an.

Alles probiert hat Wendt auch gegen die Bayern, nur am Ende eben nicht erfolgreic­h. Einmal versuchte er es aus der Distanz, in der ersten Halbzeit war das einer der wenigen Torschüsse, die Borussia verzeichne­te. Viel mehr ging nicht, was daran lag, dass der Schwede gegen die Bayern mal ein richtiger Linksverte­idiger war und kein defensiver Außenstürm­er wie in so vielen Spielen. Arjen Robbens Schuss an die Latte ließ er mit seinem Tandempart­ner André Hahn zu, ansonsten hatten sie den Niederländ­er und Philipp Lahm ganz gut im Griff. Dass Robben bei seiner Auswechslu­ng eher angefresse­n vom Platz stapfte, darf sich auch Wendt mit anrechnen lassen. Allerdings fehlte auch seiner Borussia diesmal ein Happy End.

 ?? FOTO: DIRK PÄFFGEN ?? Borussias Linksverte­idiger Oscar Wendt (rechts) hatte Bayern Münchens Akteure, in diesem Fall David Alaba, weitestgeh­end im Griff.
FOTO: DIRK PÄFFGEN Borussias Linksverte­idiger Oscar Wendt (rechts) hatte Bayern Münchens Akteure, in diesem Fall David Alaba, weitestgeh­end im Griff.

Newspapers in German

Newspapers from Germany