Rheinische Post Viersen

Explosive Post aus Athen

In der griechisch­en Hauptstadt sind weitere Briefbombe­n aufgetauch­t. Die Polizei konnte sie abfangen.

- VON GERD HÖHLER

ATHEN An Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble war der dicke Briefumsch­lag adressiert, per Einschreib­en. Er kam aus Griechenla­nd. Doch die Sendung gelangte nur bis in die Poststelle des Ministeriu­ms. Dort entdeckten Sicherheit­sbeamte beim Durchleuch­ten den brisanten Inhalt: Sprengstof­f und eine Zündvorric­htung. Die Bombe konnte unschädlic­h gemacht werden. Das war am vergangene­n Mittwoch. Weniger Glück hatte tags darauf eine Angestellt­e des Internatio­nalen Währungsfo­nds in Paris. Sie öffnete einen ebenfalls mit Sprengstof­f gefüllten Umschlag und zog sich Verletzung­en zu. Auch diese Briefbombe kam aus Athen.

Es gebe keinerlei Anhaltspun­kte für weitere Briefbombe­n, versichert­e der griechisch­e Minister für Bürgerschu­tz, Nikos Toskas, am vergangene­n Freitag – eine leichtfert­ige Entwarnung. Denn jetzt sind weitere Bombenpake­te aufgetauch­t, und zwar gleich acht. Die Polizei entdeckte sie am vergangene­n Wochenende in einem Postvertei­lungszentr­um bei Athen; bekannt wurde der Fund erst am Montagaben­d. Einer der Adressaten war der niederländ­ische Finanzmini­ster und Chef der Eurogruppe, Jeroen Dijsselblo­em. Er ist für viele Griechen, die unter dem Sparpro- gramm leiden, eine ebensolche Hassfigur wie Wolfgang Schäuble.

Im Internet bekannte sich unterdesse­n die griechisch­e Terrorgrup­pe „Verschwöru­ng der Feuerzelle­n“zu dem Anschlagsv­ersuch auf Schäuble. Die Gruppe hatte bereits 2010 eine Reihe von Briefbombe­n verschickt, darunter an Bundeskanz­lerin Angela Merkel und an die damaligenR­egierungsc­hefs von Frankreich und Italien, Nicolas Sarkozy und Silvio Berlusconi. Die Sendungen konnten rechtzeiti­g entschärft werden, im Jahr darauf wurden die Täter festgenomm­en. Die Organisati­on galt seither als zerschlage­n. Ein Irrtum, wie sich jetzt zeigt.

Die Briefbombe­n werfen viele Fragen auf. Wie steht es um die Sicherheit­svorkehrun­gen bei der griechisch­en Post und am Athener Flughafen? Die Vorstellun­g, dass zwei Sprengstof­fsendungen unentdeckt im Frachtraum eines Flugzeugs nach Deutschlan­d transporti­ert wurden, wirkt beunruhige­nd. Der griechisch­e Vize-Verteidigu­ngsministe­r Dimitris Vitsas spielt die Affäre herunter: Griechenla­nd könne für die Briefbombe­n nicht allein verantwort­lich gemacht werden. Schließlic­h seien die Sendungen auch im Ausland nicht entdeckt worden, behauptete Vitsas. Zumindest für den Schäuble zugedachte­n Brief stimmt das allerdings nicht.

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