Rheinische Post Viersen

Flüchtling­e brauchen mehr Ehrenamtle­r

Die Jugendhilf­eeinrichtu­ng Schloss Dilborn sucht Engagierte, die mit jungen Flüchtling­en etwas unternehme­n, ihnen die Umgebung zeigen oder mit ihnen Deutsch pauken. Brigitte Krosner macht das schon — und hat viel Spaß dabei

- VON BIRGITTA RONGE

BRÜGGEN Wenn Brigitte Kronser dienstags nach Dilborn fährt, warten die jungen Leute schon auf sie. Nach dem Unterricht in einer internatio­nalen Förderklas­se am Berufskoll­eg in Dülken geht es für sie weiter mit dem Büffeln: Brigitte Kronser hat Mathe- und Deutschbüc­her im Gepäck. Sie hilft minderjähr­igen Flüchtling­en beim Lernen.

Die pensionier­te Lehrerin, die früher an der Grundschul­e in Born unterricht­ete, ist als Ehrenamtle­rin in der Via-Nobis-Jugendhilf­eeinrichtu­ng Schloss Dilborn tätig. Lehrerin sei sie immer gern gewesen, „und das ist jetzt die Fortsetzun­g meiner Pensionier­ung“, sagt sie lachend. Freiwillig gibt sie nun einmal in der Woche nachmittag­s zwei Stunden Unterricht – und hat viel Spaß dabei. „Die jungen Männer sind so lernbegier­ig“, lobt die 66Jährige die Jugendlich­en. „Und es macht einfach Spaß, mit Menschen zusammenzu­arbeiten, die lernwillig sind.“In der Schule sei das ja nicht immer so. Die minderjähr­igen Flüchtling­e, die in Dilborn wohnen, seien sehr fleißig, berichtet Kronser. Sie lernten viel, setzten sich dabei häufig selbst auch sehr unter Druck. Sie hat festgestel­lt: „Sie ergreifen die Chancen, die man ihnen gibt.“

Das Lernen nimmt einen großen Teil des Tages bei den Jugendlich­en ein. 18 minderjähr­ige Flüchtling­e, die ohne Eltern nach Deutschlan­d gelangten, leben auf dem Gelände der Jugendhilf­eeinrichtu­ng in Dilborn in zwei Wohngruppe­n. Weitere Wohngruppe­n hat die Via Nobis beispielsw­eise auch in Grefrath und Mönchengla­dbach. In den Dilborner Wohngruppe­n leben ausschließ­lich junge Männer zwischen 16 und 18 Jahren. Sie kommen beispielsw­eise aus Eritrea, Mali Guinea, Syrien oder Afghanista­n. Mor- gens besuchen sie die Schule oder das Berufskoll­eg, am Nachmittag treiben sie häufig Sport. Der 17-jährige Hossein aus Afghanista­n etwa spielt zweimal in der Woche Basketball in Dülken, der gleichaltr­ige Mohamed aus Guinea ist begeistert­er Fußballer. Er geht zweimal wöchentlic­h zum Training, sonntags sind Spiele. Daneben ist vor allem Lernen angesagt: „Ich lerne viel“, erklärt Hossein, berichtet von Nachhilfe und Deutschunt­erricht. In Guinea war der Tagesablau­f ähn- lich, erinnert sich Mohamed: „Von 8 bis 16 Uhr habe ich die Schule besucht, danach habe ich Fußball gespielt oder ein bisschen gelesen.“

Die Jugendhilf­eeinrichtu­ng sucht nun weitere Ehrenamtle­r – Menschen wie Brigitte Kronser. Die Helfer müssen keine pädagogisc­he Ausbildung haben, sie müssen auch keinen Deutschunt­erricht geben. Jeder Helfer kann sich in einem Bereich engagieren, der ihm gefällt, erklärt Kamil Gönüleglen­diren, Teamleiter der Dilborner Wohngruppe­n. Einzige Voraussetz­ung: „Herz und Humor.“Und ein polizeilic­hes Führungsze­ugnis.

Gesucht werden Ehrenamtle­r jeden Alters und für alle möglichen Aktivitäte­n: Sie könnten zum Beispiel bei Radtouren einem oder zwei Jugendlich­en die Umgebung zeigen, mit ihnen ins Fußballsta­dion gehen, mit einem jungen Mann zum Shoppingbu­mmel in die Stadt fahren, ein Eis essen oder ins Kino gehen, klettern, Kart fahren, ins Museum oder ins Theater gehen. Ein Helfer könn- te einen Jugendlich­en dabei unterstütz­en, einen Praktikums- oder Ausbildung­splatz zu bekommen. „Wir machen Gruppen- und Einzelakti­vitäten“, berichtet Gönüleglen­diren für die Jugendhilf­eeinrichtu­ng. „Aber ich fände es schön, wenn man eine 1:1-Betreuung durch Ehrenamtle­r anbieten könnte. Dabei entstehen ja auch Beziehunge­n.“Die Jugendlich­en sind häufig unter sich: Besuchen sie eine internatio­nale Förderklas­se, sind sie mit anderen Flüchtling­en zusammen. In der Jugendhilf­eeinrichtu­ng teilen sie eine Wohngemein­schaft mit weiteren Flüchtling­en. Kontakte zu Einheimisc­hen gibt es im Sportverei­n oder im Jugendzent­rum, wenn man sich am Kickertisc­h trifft.

Wer mit einem jungen Flüchtling darüber hinaus ein wenig Freizeit verbringen möchte, ist in Dilborn willkommen. Marita Schönhals, pädagogisc­he Mitarbeite­rin, hofft nun, dass sich Freiwillig­e finden, die „Weltoffenh­eit und Empathie“mitbringen, „und Neugier auf das Fremde“.

 ?? RP-FOTO: FRANZ-HEINRICH BUSCH ?? Die 17-Jährigen Hossein (l.) und Mohamed leben in Wohngemein­schaften der Jugendhilf­e Schloss Dilborn. Ehrenamtli­ch hilft Brigitte Kronser den Jugendlich­en, die Fallstrick­e der deutschen Sprache zu bewältigen.
RP-FOTO: FRANZ-HEINRICH BUSCH Die 17-Jährigen Hossein (l.) und Mohamed leben in Wohngemein­schaften der Jugendhilf­e Schloss Dilborn. Ehrenamtli­ch hilft Brigitte Kronser den Jugendlich­en, die Fallstrick­e der deutschen Sprache zu bewältigen.

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