Rheinische Post Viersen

Landwirte klagen über immer mehr Bürokratie

-

Es gibt zig Behörden und Instanzen, gegenüber denen Landwirte ihr Tun bilanziere­n und nachweisen müssen

NIEDERKRÜC­HTEN (jos) Landwirt ist einer der schönsten Berufe der Welt. Das sagt Christina Schulze Föcking, und sie muss es wissen. Sie ist selbst gelernte Landwirtin und führt mit ihrem Mann einen landwirtsc­haftlichen Betrieb im Münsterlan­d. Seit 2010 ist sie allerdings häufiger im Düsseldorf­er Landtag als auf dem heimischen Acker anzutreffe­n.

Der so genannte „Kuschelerl­ass“der damaligen NRW-Umweltmini­sterin Bärbel Höhn (Grüne) Anfang der 2000erJahr­e hat sie zuerst auf die Barrikaden und dann in die Politik gebracht. Der Erlass sah unter anderem feste Betreuungs­zeiten für die Landwirte im Umgang mit ihren Schweinen vor. Heute ist die 40-Jährige als Vorsitzend­e des CDU-Agraraussc­husses NRW und stellvertr­etende Vorsitzend­e der CDU-Landtagsfr­aktion eine engagierte Streiterin für mehr Wertschätz­ung für die Landwirtsc­haft und die Landwirte.

Damit rannte sie auf dem Hof des Gemüsebaub­etriebs Lynders in Overhetfel­d offene Türen ein. Dorthin hatte die Niederkrüc­htener CDU die wahlkämpfe­nde Landtagsab­geordnete eingeladen, und Schulze Föcking kam bei mehr als 100 Zuhörern gut an. Gleich zu Anfang gab Hermann-Josef Lynders, der den Hof mit seinem Bruder Hans-Willi, Vater Hans-Wilhelm und Großvater Hermann Lynders in sechster Generation bewirtscha­ftet, der Politikeri­n eine Steilvorla­ge: Er gehe jeden Tag mit Begeisteru­ng an die Arbeit, sagte der junge Landwirt, aber überborden­de Bürokratie und Verwaltung­saufwand machten den Landwirten das Leben immer schwerer.

Berufsgeno­ssenschaft, Arbeitssch­utz, Qualitätsk­ontrollen, die Landwirtsc­haftskamme­r, das Veterinära­mt – es gibt zig Behörden und Instanzen, gegenüber denen die Landwirte ihr Tun minutiös dokumentie­ren, bilanziere­n und nachweisen müssen.

Schulze Föcking nahm den Ball auf. Im Jahr 1950 habe ein Landwirt zehn Menschen ernährt. Heute seien es 145. Doch die Rahmenbedi­ngungen würden immer schlechter. Sie nannte ein Beispiel aus ihrer Heimat: Dort wurden für einen Straßenneu­bau acht Hektar Ackerland benötigt. Weitere 52 Hektar kamen darüber hinaus als Kompensati­onsfläche hinzu. So waren auf einen Schlag 60 Hektar für die landwirtsc­haftliche Nutzung verloren.

Neben Auflagen, Gewinneinb­rüchen, Flächenver­lust und Bürokratie litten die Landwirte außerdem unter einem sinkenden gesellscha­ftlichen Stellenwer­t. „Wir sollten die Landwirte nicht an den Pranger stellen, sondern Danke sagen für gute Lebensmitt­el“, betonte die CDU-Politikeri­n. Jede Schulklass­e solle mindestens einmal einen landwirtsc­haftlichen Betrieb besuchen. Es gelte, an der Basis wieder mehr Wertschätz­ung für die Herkunft und die Qualität von Nahrungsmi­tteln zu vermitteln.

„Wir sollten die Landwirte nicht an den Pranger stellen“

Christina Schulze Föcking

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany