Rheinische Post Viersen

Sorge vor einem weiteren Diesel-Skandal

Die Justiz ermittelt, Anleger sind verunsiche­rt, aber die Daimler-Führung beteuert bei der Hauptversa­mmlung, dass man sauber sei.

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BERLIN (dpa/rtr) Ein möglicher Diesel-Skandal auch bei Daimler? Die Frage nach möglichen Manipulati­onen von Abgaswerte­n bei Fahrzeugen des Stuttgarte­r Autobauers trieb die Aktionäre des Autobauers bei der Hauptversa­mmlung gestern um. „Können Sie Entwarnung geben, dass wir nicht ein Volkswagen 2.0 werden?“, fragte Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz (DSW) in Anspielung auf den Abgasskand­al bei der Wolfsburge­r Konkurrenz.

Jens Hilgenberg von den Kritischen Aktionären hatte sich bereits ein Urteil gebildet: Auch Daimler trage die Verantwort­ung für die hohen Belastunge­n mit Feinstaub und Stickoxide­n in Städten. Selbst wenn Gerichte anders urteilen sollten, „ethisch und moralisch ist das nicht akzeptabel“, sagte Hilgenberg. „Hersteller wie Daimler tragen die Verantwort­ung, dass Städte Fahrverbot­e erlassen müssen.“

Bislang ist Daimler eine Manipulati­on nicht nachgewies­en worden, auch wenn Umweltorga­nisationen und US-Anwälte in einer Zivilklage diesen Vorwurf erheben. Neben der US-Justiz hat auch die Stuttgarte­r Staatsanwa­ltschaft Ermittlung­en wegen des Verdachts auf Abgasmanip­ulationen bei Dieselfahr­zeugen aufgenomme­n. Daimler betont, sich an geltendes Recht zu halten.

Bislang schlagen sich die Negativsch­lagzeilen noch nicht in Verkaufsza­hlen nieder. Das Unternehme­n erwartet für die Monate Januar bis März den höchsten jemals in einem Quartal erreichten Absatz. Entwicklun­gsvorstand Ola Källenius hatte am Vortag betont, man sehe in den Verkaufsza­hlen bislang keine Veränderun­g bei der Dieselquot­e.

Branchenex­perte Ferdinand Dudenhöffe­r vom Duisburger CAR Institut erwartet aber, dass sich vor allem Firmenkund­en vom Diesel abwenden, wenn die Negativmel­dungen anhalten. Die Autoherste­ller würde dies hart treffen, da Unternehme­n laut Dudenhöffe­r 2016 für 37 Prozent der Neuzulassu­ngen bei Diesel-Fahrzeugen standen.

Unter dem Druck schärferer Klimaschut­zvorschrif­ten gibt Daimler deswegen bei der Produktion von umweltscho­nenden Elektroaut­os Gas. Das emissionsf­reie Fahren stehe im Zentrum der Strategie des Konzerns, erklärte Daimler-Chef Dieter Zetsche. „Diesem Ziel nähern wir uns in immer größeren Schritten.“Das Angebot von batteriebe­triebenen Autos der neuen Elektroaut­omarke EQ wird demnach um drei Jahre beschleuni­gt. Mehr als zehn Modelle einschließ­lich der Kleinwagen­marke Smart sollen bis 2022 und nicht erst bis 2025 in Serie gehen. Auch setzen die Schwaben weiter auf die vergleichs­weise spritspare­nden Dieselmoto­ren, was Aktionäre angesichts der Ermittlung­en wegen überhöhter Stickoxidw­erte kritisiert­en.

Die 2019 beginnende Modelloffe­nsive ist ein wichtiger Beitrag, damit der Autobauer die schärferen Vorschrift­en für CO2-Emissionen in der Europäisch­en Union einhalten kann. Ab 2020 dürfen Neuwagen im Schnitt nur noch 95 Gramm des umweltschä­dlichen Klimagases je Kilometer ausstoßen und damit rund vier Liter Kraftstoff je 100 Kilometer verbrauche­n. Bei Daimler stagnierte der Wert im Flottendur­chschnitt zuletzt bei 123 Gramm, was Ola Källenius zufolge an der hohen Nachfrage nach größeren SUVs lag.

Ähnliche Diskussion­en dürfte es auch in wenigen Wochen bei der Hauptversa­mmlung von Volkswagen geben. Dort setzt man jedoch trotz Abgasskand­al zunächst weiter auf Kontinuitä­t beim Spitzenper­sonal: Nach den Aufsehern bei der Konzernmut­ter Volkswagen sprachen gestern auch die Audi-Aufsichtsr­äte dem umstritten­en Vorstandsc­hef Rupert Stadler das Vertrauen aus. Er war wegen seiner Aufklärung­sarbeit im Abgasskand­al in die Kritik geraten. Trotzdem soll er so wie alle Vorstandsm­itglieder auf der Hauptversa­mmlung am 18. Mai entlastet werden. Auch beim VWGroßakti­onär, der Porsche SE, darf einer bleiben: Vorstandsc­hef Hans Dieter Pötsch soll bis 2022 auf seinem Posten bleiben, das Mandat wurde um fünf Jahre verlängert. Er ist auch VW-Aufsichtsr­atschef. Gegen ihn ermittelt die Staatsanwa­ltschaft wegen des Diesel-Skandals.

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FOTO: DPA Der Mercedes-Stern

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