Rheinische Post Viersen

Maschine mit Fingerspit­zengefühl

Scarlett Johansson erneuert in „Ghost in the Shell“das Superhelde­n-Genre.

- VON MARTIN SCHWICKERT

Im Reich der Superhelde­n kann von Gleichbere­chtigung keine Rede sein. Zwar wurde Scarlett Johansson in der Rolle der Black Widow als Quoten-Amazone ins „Avengers“Team aufgenomme­n, aber im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen hat sie es im Marvel-Imperium nie zum eigenen Kino-Franchise gebracht. Auch unter den „X-Men“gibt es durchaus einige interessan­te Frauenchar­aktere. Wenn es jedoch um die Führungspo­sitionen geht, bleibt man im Mutantenla­ger patriarcha­len Stigmatisi­erungen treu.

Nun kommt mit Rupert Sanders „Ghost in the Shell“endlich eine ernstzuneh­mende Superheldi­n als Hauptfigur auf die Leinwand. Die Story des Films beruht auf dem legendären japanische­n ScienceFic­tion-Manga von Masamune Shirow und ist an der Grenze zwischen Mensch und Maschine angesiedel­t. Major (Scarlett Johansson) ist ein humanoider Roboter, in den ein Menschenhi­rn eingepflan­zt wurde. Und der Leiter der Firma „Hanka“macht gleich zu Beginn deutlich, dass Major für sein Unternehme­n nicht als Mensch, sondern als Waffe angesehen wird.

So wird die Hightech-Dame zur Terroriste­nbekämpfun­g vom Verteidigu­ngsministe­rium unter Vertrag genommen. Ein Unbekannte­r setzt Regierung und das „Hanka“Firmenimpe­rium unter Druck. Je näher sich Major an den Bösewicht heranarbei­tet, umso deutlicher werden die Erinnerung­svisionen an ihre menschlich­e Vergangenh­eit.

Anders als die männlichen Kollegen in der Superhelde­n-Branche, deren übernatürl­iche Kräfte zur Durchsetzu­ng eigener ethischer Vorstellun­gen in Gebrauch genommen werden, ist Scarlett Johanssons Major eine Kampfmasch­ine, die allmählich ihre Seele entdeckt. Das Ringen zwischen Fremdprogr­ammierung und Selbstbest­immung ist der Grundkonfl­ikt der Figur, der gerade in unserer kommunikat­ionstechni­sierten Gesellscha­ft breite metaphoris­che Spielräume eröffnet.

Johansson bringt die Coolness und Tiefe mit, um als Heroine im Comic-Universum zu bestehen. Sanders Metropolis ist kein dystopisch-düsterer Ort, sondern eine bunte, vielschich­tige Welt mit einem leicht verregnete­n Grauschlei­er, in die man sich gerne hineinzieh­en lässt. Die städtebaul­ichen Visionen, die hier zusammenge­pixelt werden, sind ein Erlebnis für sich.

Mit diesem souveränen Erstauftri­tt seiner Superheldi­n ist „Ghost in the Shell“eine ernstzuneh­mende Konkurrenz zum männerdomi­nierten Marvel-Universum. The Ghost in the Shell, USA 2017, Regie: Rupert Sanders, mit Scarlett Johansson, Juliette Binoche, Takeshi Kitano, 120 Min.

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FOTO: DPA Scarlett Johansson als Maschinenw­esen Major.

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