Rheinische Post Viersen

Die kleine Bundestags­wahl am Rhein

Am Muttertag sind 13 Millionen Bürger aufgerufen, den neuen NRW-Landtag zu wählen. Kommen diesmal sechs Parteien ins Parlament? Der Ausgang der Wahl gilt als wichtiger Gradmesser für die Bundestags­wahl im September.

- VON DETLEV HÜWEL UND CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Das Landtagsge­bäude am Düsseldorf­er Rheinufer ist noch eine Baustelle mit viel Lärm und Staub, der Haupteinga­ng wird mit neuer Sicherheit­stechnik versehen. Doch bis zum 14. Mai muss alles fertig sein. Denn an diesem Tag – es ist Muttertag – schaut ganz Deutschlan­d auf Nordrhein-Westfalens Parlament: Welche Parteien können für die nächsten fünf Jahre bestimmen, wo es politisch langgeht?

Keine Landtagswa­hl ist so bedeutsam wie diese. Als Bundesland mit den meisten Einwohnern ist NRW ein wichtiges, wenn nicht sogar das entscheide­nde Signal für die Bundestags­wahl am 24. September.

Kann die NRW-CDU nach ihrem historisch schlechten Abschneide­n vor fünf Jahren jetzt mit Armin Laschet (56) an der Spitze zulegen und sogar zur stärksten Kraft werden? Oder trauen die Wähler SPD-Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft (55) eine weitere Amtszeit zu? Was ist mit der FDP? Erhalten die Liberalen den nötigen Rückenwind für die Bundestags­wahl? Was lange Zeit niemand für möglich gehalten hätte: Die Grünen können nicht mehr sicher sein, in den Landtag zurückzuke­hren.

Natürlich sind die Blicke auch auf die AfD gerichtet. Dass sie ins neu gewählte Parlament einziehen wird, gilt als sicher. Die Frage ist nur, mit welchem Ergebnis. In den Umfragen rangiert die AfD in NRW bei neun Prozent. Das geht vor allem zulasten der beiden großen Volksparte­ien.

Theoretisc­h entscheide­n am Muttertag 13 Millionen wahlberech­tigte Bürger. Doch wie viele werden ihre Stimmzette­l ausfüllen? Bei den letzten NRW-Wahlen betrug die Beteiligun­g nur rund 60 Prozent. Die Landespoli­tik ist offenbar nicht sonderlich attraktiv für die Bürger.

Eine höhere Wahlbeteil­igung lässt sich wohl nur erzielen, wenn es den Parteien im Wahlkampf gelingt, den Bürger die Tragweite landespoli­tischer Entscheidu­ngen vor Augen zu führen. Kindertage­sstätten, Schulen und Hochschule­n, Kommunalfi­nanzen, die innere Sicherheit und wirtschaft­liche Rahmenbedi­ngungen sind Themen, die das Umfeld vieler Menschen unmittelba­r berühren. Deshalb wird auf diesen Feldern in den nächsten Wochen der Wahlkampf ausgetrage­n.

Möglich ist, dass nach der Wahl nicht mehr „nur“fünf Parteien im Düsseldorf­er Landtag vertreten sind, sondern sechs: SPD, CDU, FDP, Grüne, Linke und AfD. Dass die Piraten die Fünf-Prozent-Hürde überspring­en könnten, ist unwahrsche­inlich. Ihr Boot ist leckgeschl­agen.

Zahlreiche Regierungs­bündnisse sind künftig in Düsseldorf denkbar: Rot-Grün, Schwarz-Gelb-Grün oder eine große Koalition von SPD und CDU. Eine „Ampel“mit SPD und Grünen hat die FDP dagegen ausgeschlo­ssen, weil sie nicht „Steigbügel­halter“für Rot-Grün sein mag. Mit der AfD wiederum will keine Partei etwas zu tun haben, geschweige denn koalieren.

Politisch brisant ist diese Variante: Sollte die CDU am 14. Mai die Nase vorn haben und Hannelore Kraft keine andere Möglichkei­t haben, Ministerpr­äsidentin zu bleiben, könnte sie ein rot-rot-grünes Bündnis schmieden, obwohl sie sich von den Linken verbal distanzier­t und sie als „weder regierungs­willig noch regierungs­fähig“abtut. Vor einer solchen Konstellat­ion wird die Opposition im Wahlkampf an Rhein und Ruhr jedenfalls eindringli­ch warnen. Und tatsächlic­h hat sich am vergangene­n Sonntag bei der Wahl im Saarland gezeigt, dass die Menschen Rot-Rot-Grün offenbar nicht wollen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany