Rheinische Post Viersen

Geschäftsm­odell Wohnungsei­nbruch

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Der Essener Journalist Olaf Sundermeye­r erregte bei der jüngsten Sendung des ZDF-Moderators Markus Lanz mit seinen Thesen zur Bandenkrim­inalität in Deutschlan­d Aufsehen. Stimmen seine Recherchen, beschreibt er das Verhalten der Banden als ökonomisch rational. Dafür spricht einiges, denn der Autor listet das Verhalten und die Einstellun­gen von Bandenmitg­liedern aus Rumänien, Bulgarien oder Polen in seinem Buch „Bandenland“penibel auf.

Aus ökonomisch­er Sicht ist Eigentumsk­riminalitä­t eine Form der Einkommens­erzielung – natürlich eine illegale. Aber wie bei jedem anderen Geschäft wägt eine Einbrecher­bande Erlöse und Kosten ihrer Aktivitäte­n ab. In den Ländern Osteuropas, in denen eine superreich­e Oligarchie den Aufstieg von Konkurrenz­unternehme­n systematis­ch behindert, besteht ein Anreiz, über Wohnungsei­nbrüche in reichen Länder an Geld zu kommen. Und diese Erlösquell­e sprudelt reichlich.

Banden aus Osteuropa räumen in Deutschlan­d ganze Straßenzüg­e leer. Sie folgen dabei einem ökonomisch­en Kalkül und könnten mit dem gleichen Ansatz bekämpft werden.

Auf der Kostenseit­e können die Banden die fehlenden Grenzkontr­ollen und die gut ausgebaute Autobahn-Infrastruk­tur zu ihren Gunsten verbuchen. Schließlic­h sind auch die Risiken für die Einbrecher begrenzt: Nur ein Bruchteil der Delikte wird aufgeklärt, weil es an Poli- zei fehlt. Und deutsche Gerichte setzen, selbst wenn sie der Einbrecher habhaft werden, bei einer erstmalige­n Verurteilu­ng Strafen zur Bewährung aus. Das ist für die Helfer der Banden wie ein Freispruch, denn Nachteile als Vorbestraf­te haben sie in ihren Ländern nicht zu fürchten.

Was ist also zu tun? Zunächst müssten die meisten Bundesländ­er ihre Polizei aufrüsten. Als Vorbild könnte Bayern dienen, um das die Einbrecher laut Sundermeye­r wegen der Polizeiprä­senz einen großen Bogen machen. Sodann dürfen Strafen bei reisenden Kriminelle­n nicht zur Bewährung ausgesetzt werden. Das erhöht die Kosten. Aber auch auf der Ertragssei­te geht etwas. Die EU sollte Hilfen für Osteuropa stärker an die Bereitscha­ft knüpfen, Korruption und Marktmacht dieser Oligarchen zu beschränke­n. So entstehen auch alternativ­e Geschäftsm­öglichkeit­en – und zwar legale. Fragen? Schreiben Sie dem Autor unter kolumne@rheinische-post.de

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