Spaghetti-Ernte im Tessin
In langen Büscheln hängen die Spaghetti von den Bäumen. Die Ernte-Arbeiterinnen haben allen Grund zur Freude: Wegen des milden Winters fällt die Pasta-Ernte im Süden der Schweiz im Frühjahr 1957 so gut aus wie selten zuvor. So beschrieb eine Dokumentation des britischen Fernsehsenders BBC am 1. April 1957 die Situation im Tessin zur traditionellen Spaghetti-Ernte. Das Szenario klingt absurd? Es war ein April-Scherz, den sich Redakteure der BBC da mit ihren Zuschauern erlaubten. Das Medium Fernsehen war noch jung und Experimente, was möglich ist, waren an der Tagesordnung. Die Scherz-Dokumentation über die Spaghetti-Ernte wurde zu einer der bekanntesten des 20. Jahrhunderts. Viele der rund acht Millionen Menschen vor den Bildschirmen schenkten den Berichten Glauben. Wie man einen solchen Spaghetti-Baum zu Hause anpflanzen und pflegen könne, wollten einige Anrufer wissen. Andere zeigten sich skeptischer – die Nudel-Ernte hatte zumindest Misstrauen geweckt. Einer der Verantwortlichen für die Sendung, David Wheeler, erinnerte sich Jahrzehnte später in einem Interview mit der BBC an den Aprilscherz, für den die Mitarbeiter auch viel Kritik einstecken mussten. Er empfinde bis heute kein Bedauern, sagte er. „Ich denke, es ist gut für die Menschen, sich bewusst zu machen, dass man nicht alles glauben kann, was man im Fernsehen sieht.“