Rheinische Post Viersen

Der Hund darf nicht den Ton angeben

- VON SEBASTIAN MEURER

Kirstin Müller betreibt in Wegberg seit mehr als einem Jahrzehnt eine Mobile Hundeschul­e. Im Einsatz ist sie in der ganzen Region – bis hin in die Eifel.

Die fünfjährig­e Mischlings­hündin Mira galt in der Nachbarsch­aft von Gabriela Rymut geradezu als „Bestie“: „Fünf Meter Abstand musste von ihr jeder halten“, berichtet die Neusserin von Spaziergän­gen, die geradezu zur Strapaze wurden – beileibe nicht allein für den „schwierige­n Hund“, als den Gabriela Rymut ihr Tier selbst ansah.

Was sich inzwischen allerdings durchgreif­end geändert hat: „Ich wurde schon von Nachbarn gefragt, ob ich dem Hund ein Beruhigung­smittel gebe“, erzählt Gabriela Rymut. Bereits nach drei bis vier Trainingse­inheiten mit Hundetrain­erin Kirstin Müller hatte sich das überaus aggressiv wirkende Verhalten von Mira merklich geändert. „Der Hund braucht jemandem, an dem er sich orientiere­n kann“, sagt Kirstin Müller, die seit über einem Jahrzehnt im niederrhei­nischen Wegberg eine Mobile Hundeschul­e betreibt (www.freundlich­e-hunde.de). . „Es ist nicht gut, wenn Hunde keinen haben, der sie leitet“, erläutert die Expertin. Bloße Zuneigung zum Tier reicht nicht aus, um es wirklich im Griff zu haben, wie auch an ei- nem fast genau gegenteili­g gelagerten Fall deutlich wird. Allzu ängstlich war Mischling Paula (3), was ihre Besitzerin Insa Schrade aus Korschenbr­oich auf eine Art Trauma zurückführ­t: Ein Silvesterf­euerwerk hat das Tier womöglich aus allzu großer Nähe erlebt. Vor allem wenn es dämmerte, litt Paula unter Angstzustä­nden, sie allein in der Wohnung zu lassen, war kaum möglich.

Auch bei Paula registrier­te Insa Schrade schon nach wenigen Stunden mit Kirstin Müller deutliche Verhaltens­änderungen. „Natürlich geht es nicht nach Schema F“, sagt Kirstin Müller. Angst, Frustratio­n und eben auch Aggression­en sind die gängigsten Phänomene, die bei verhaltena­uffälligen Hunden zu beobachten sind, doch stets kommt „Herrchen“oder „Frauchen“eine entscheide­nde Rolle dabei zu, das Tier (wieder) in die Spur zu bringen. Schließlic­h sind es fast stets die Halter, die das problemati­sche Verhalten ihres Hunds durch eigene Fehler zumindest begünstige­n. Kniffe und Tricks, die den Menschen im Umgang mit seinem Vierbeiner sicherer machen, sind denn auch ein wichtiger Bestandtei­l der Trainingss­tunden. Vor dem ersten Training stehen Hausbesuch­e: „Ich fange immer zuhause an, wo der ganz normale Alltag im Mittel- punkt steht“, sagt Kirstin Müller. Der Hund wird dabei nach Möglichkei­t gar nicht beachtet, dafür umso genauer beobachtet. Trainingss­tunden hält sie durchweg in kleinen Gruppen ab: „Das Maximum sind drei Leute. Es hilft nichts, wenn das Tier auf dem Hundeplatz funktionie­rt und ansonsten nicht zu gebrauchen ist“, betont die erfahrene Hundetrain­erin, die an sechs Tagen in der Woche im Einsatz ist und Kunden in Düsseldorf und Köln ebenso betreut wie in Mönchengla­dbach, Krefeld oder dem RheinKreis Neuss. Sogar in die Eifel geht es zuweilen: „Ich fahre überall hin“, sagt die engagierte Hundeexper­tin.

Hoffnungsl­ose Fälle kennt sie nicht: „Es ist nie zu spät. Man kann immer mit ihnen arbeiten, Hunde sind wahnsinnig anpassungs­fähig“, so Kirstin Müller. Wobei das Training auch für Kenner nützlich ist: Zwar hat Reiner Claßen aus Mönchengla­dbach durchaus Erfahrung mit Hunden, doch der neun Monate alte Aussie Doodle Maggy war die erste Welpe in seiner Obhut. „Ich bin froh, das Training mitgemacht zu haben und habe gemerkt, dass doch nicht alles richtig war“, zeigt Claßen sich angesichts der neu gewonnenen Erkenntnis­se sehr erfreut.

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FOTOS (2): MICHAEL REUTER Kirstin Müller arbeitet ausschließ­lich in kleinen Gruppen. Auch wenn ein Kursus beendet ist, berät sie ihre Kunden gern.
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Gabriela Rymut , Insa Schrade, Kirstin Müller und Reiner Claßen (v.l.) an der Tüschenbro­icher Mühle in Wegberg.
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