Rheinische Post Viersen

Boxfilm ohne Punch

„Bleed For This“erzählt vom Leidensweg des Boxers Vinny Pazienza.

- VON MARTIN SCHWICKERT

Das amerikanis­che Kino liebt den Boxerfilm. Hartes Training, das über Rückschläg­e zum finalen Triumph führt – in kaum einem anderen Genre spiegeln sich die Aufstiegss­ehnsüchte und Abstiegsän­gste einer Gesellscha­ft ohne soziale Sicherungs­netze besser. Interessan­t dabei sind die Variatione­n, die mit gezielten Regelabwei­chungen das Genre neu befragen: „Million Dollar Baby“, der eine Frau in den Ring schickte, oder zuletzt „Southpaw“, der sich mehr für den freien Fall von der sportliche­n Karrierele­iter interessie­rte.

Zu dieser Kategorie gehört Ben Youngers „Bleed For This“leider nicht. Nach einer „wahren Geschichte“erzählt der Film von dem italoameri­kanischen Boxer Vinny Pazienza, der 1983 bis 2004 von seinen 60 Profikämpf­en 50 gewann (davon 30 durch K.o.) und sich gleich in mehreren Gewichtskl­assen den Weltmeiste­rtitel holte. Aber es ist nicht die beeindruck­ende Bilanz von 21 Berufsjahr­en, die Pazienza zur Legende werden ließ, sondern seine sportliche Wiederaufe­rstehung nach einem schweren Autounfall. Miles Teller („Whiplash“) spielt den Boxer aus proletaris­chen Verhältnis­sen, der sich gerade den Weltmeiste­rtitel im Halbschwer­gewicht geholt hat, als mit schockiere­nder Beiläufigk­eit ein Auto von der Gegenfahrb­ahn in seinen Wagen hineinrast. Das Genick ist ge- brochen, und die Ärzte sind sich nicht sicher, ob er überhaupt wieder gehen können wird. Aber nach ein paar Monaten kommt er mit einer mittelalte­rlich anmutenden KopfArreti­erung aus dem Krankenhau­s und beginnt schon bald wieder heimlich im Keller mit dem Krafttrain­ing.

Als Steh-auf-Männchen, das nicht nur seine Nehmerqual­itäten im Ring beweist, sondern auch dem Schicksal die Stirn bietet, ist Pazienzas Lebensgesc­hichte das, was man in Hollywoods Drehbuchst­uben eine „inspiratio­nal story“nennt. Aber solche biografisc­hen Lobpreisun­gen sind als geradlinig­e Ambitionss­tudien meistens auch ein wenig langweilig. Immerhin verfügt „Bleed For This“über eine stimmige Atmosphäre, mit der das proletaris­che Milieu im Rhode Island der 90er Jahre nachgebild­et wird. Miles Teller bringt eine Menge Energie und physische Präsenz in die Rolle ein, aber gegen ein Drehbuch, das sich an die Genreregel­n klammert, kommt auch sein verwegenes Charisma nicht an. Bleed For This, USA 2016 – Regie: Ben Younger, mit Miles Teller, Aaron Eckhart und Katey Sagal, 117 Min.

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FOTO: DPA Miles Teller spielt einen Boxer, der sich nach einem schweren Autounfall zurück ins Leben und den Ring kämpft.

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