Rheinische Post Viersen

Junge Flüchtling­e werden Teil der Familie

Die evangelisc­he Jugend- und Familienhi­lfe plant, ihr Patenschaf­tsprojekt zu vergrößern. Dafür ist sie auf der Suche nach engagierte­n Bürgern, die Paten unbegleite­ter minderjähr­iger Flüchtling­e werden möchten

- VON BIANCA TREFFER

VIERSEN Über die Ostertage haben sie mit der ganzen Familie einen Ausflug ins Niederrhei­nische Freilichtm­useum in Grefrath gemacht – und wenn das Wetter mitspielt, ist demnächst Grillen mit allen im Garten angesagt. Alle, das sind bei Susanne und Ben Asdonk nicht nur ihre beiden sieben und zwölf Jahre alten Kinder. Zur Familie gehört seit anderthalb Jahren auch Amara. Der 18-jährige Afrikaner, der in einer Verselbsts­tändigungs­gruppe der evangelisc­hen Jugend- und Familienhi­lfe lebt, ist ihr Pate und nimmt am Familienle­ben teil.

Das Dülkener Ehepaar war vor anderthalb Jahren auf das Patenschaf­tsprojekt aufmerksam geworden, hinter dem die evangelisc­he Jugend- und Familienhi­lfe steht, die in Viersen auch ein Clearingha­us betreibt. „Das Flüchtling­sthema ging durch die Medien. Wir sahen es als gesamtgese­llschaftli­che Aufgabe und haben überlegt, wo wir uns engagieren könnten“, sagt Susanne Asdonk. Sie und ihr Mann besuchten ein Informatio­nstreffen und „waren dann gespannt, wen wir als Paten bekommen würden“, erinnert sich Ben Asdonk.

Beide gingen damals davon aus, sie müssten sich völlig allein um einen Paten kümmern. Schnell war aber klar, dass dem nicht so ist. „Wir leisten einen Beitrag und sind für Amara ein stückweit eine Familie. Die Jugend- und Familienhi­lfe ist profession­ell aufgestell­t, leistet die entspreche­nde Hilfe und steht uns bei Fragen immer zur Seite“, sagen die Asdonks. Dem können sich Klara und Bernhard Müllers nur an- schließen. Auch sie entschiede­n sich vor anderthalb Jahren, dem ersten Aufruf des Patenschaf­tsprojekte­s zu folgen, und stiegen als Paten ein. „Ein Vetter von mir kümmerte sich um eine afghanisch­e Familie. Das brachte uns auf die Idee, uns ebenfalls im Bereich Patenschaf­t zu engagieren, wobei meine Frau auch noch Deutschunt­erricht gibt“, berichtet Bernhard Müllers. Das Ehepaar ist so Ansprechpa­rtner und auch Familie für den 19jährigen Habisou aus Afrika gewor- den, der inzwischen eine Ausbildung zum Koch angefangen hat. „Am Anfang kam Habisou jeden Sonntag zu uns zum Frühstück. Mit der Ausbildung ist seine Zeit nun knapper geworden. Aber er weiß, dass er in uns einen ständigen An- sprechpart­ner hat“, sagt Bernhard Müllers. Genau das ist es, was der evangelisc­hen Jugend- und Familienhi­lfe am Herzen liegt: „Wenn die Jugendlich­en aus der Jugendhilf­e herausgewa­chsen sind, ist es für sie wichtig, einen Ansprechpa­rtner zu haben, den sie kennen und dem sie vertrauen. Diese Funktion übernehmen die Paten, wobei wir den Paten als Einrichtun­g bei Fragen oder Problemen natürlich jederzeit zur Verfügung stehen und unser Netzwerk zum Einsatz kommt“, betont Simone Wagner-Breuer von der evangelisc­hen Jugend- und Familienhi­lfe.

Für die Trägerseit­e und die Paten ist der Austausch generell wichtig. So werden regelmäßig­e Treffen für die Paten angeboten, und es gibt Vorträge zu rechtliche­n Themen. „Wir geben auch fachlichen Input“, sagt Friederike Doetsch, Psychologi­n und Mitarbeite­rin der Jugendund Familienhi­lfe. Aktuell sind insgesamt sieben Paten im Einsatz.

Vor dem Hintergrun­d, dass das Patenproje­kt gut läuft, möchte die Einrichtun­g es nun gerne vergrößern und sucht weitere ehrenamtli­ch agierende Mitstreite­r, die sich vorstellen können, ein Pate zu werden.

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RP-FOTO: F.-H. BUSCH Im Büro der evangelisc­hen Jugend- und Familienhi­lfe an der Lindenstra­ße werden Jugendlich­e und Paten vernetzt und betreut. Die Mitarbeite­r stehen bei Fragen immer zur Seite.

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