Rheinische Post Viersen

Politiker im Visier von Extremiste­n

Beschmiert­e Hauswände, ein brennendes Auto und ein Schuss auf ein Parteibüro: Allein in den vergangene­n Tagen hat es drei Attacken gegeben. Zudem werden nach Angaben der Polizei immer mehr Wahlplakat­e zerstört.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Der Schock sitzt noch tief bei Sven Rickert. Die Bilder von seinem ausgebrann­ten Wahlkampfw­agen lassen ihn nicht los. Das sei ganz erschrecke­nd, sagt der CDULandtag­skandidat aus Herne. Der Grund für den Brand steht noch nicht fest. Sachverstä­ndige untersuche­n das Fahrzeug noch, um einen technische­n Defekt als Ursache ausschließ­en zu können. Der 42-Jährige hält einen Anschlag auf sein Auto für möglich. Zeugen hätten zum Tatzeitpun­kt ein anderes Fahrzeug in der Nähe mit laufendem Motor stehen gesehen. Anschließe­nd soll es mit hoher Geschwindi­gkeit davongefah­ren sein.

Während des Landtagswa­hlkampfes sind Politiker und ihre Parteien zunehmend Anfeindung­en und Anschlägen ausgesetzt. Allein seit dem vergangene­n Wochenende hat es inklusive des mutmaßlich­en Brandansch­lags auf das Auto des Herner Landtagska­ndidaten in NRW drei solcher Fälle gegeben.

So beschädigt­en Unbekannte das Haus und das Auto des Essener AfDPolitik­ers Guido Reil, beschmiert­en es mit Farbe und hinterließ­en eine Spur der Verwüstung. Auf das Parteibüro der Linken in Bottrop wurde vorgestern sogar geschossen. In Neuss waren zuvor schon Reifen des Wahlkampfb­usses von SPD-Landtagska­ndidat Arno Jansen zerstochen worden. In allen Fällen ermittelt der Staatsschu­tz. Täter konnten aber bislang noch nicht gefasst werden. Bei der Polizei beobachtet man die Entwicklun­g mit zunehmende­r Sorge. „Die Aggression­en, die man zuvor eigentlich nur aus dem Internet in Form von Beleidigun­gen und Bedrohunge­n kennt, scheinen manchen nicht mehr auszureich­en“, erklärt ein Ermittler, der sich mit politisch motivierte­n Straftaten beschäftig­t. „Das stellen wir schon vermehrt fest.“Ob die Attacken gegen Politiker zugenommen haben, kann die Polizei aber nicht sagen. „Das liegt daran, dass solche Angriffe auf Politiker nicht separat in der Kriminalit­ätsstatist­ik erhoben werden“, erklärt ein Sprecher des Landeskrim­inalamtes (LKA).

Das NRW-Innenminis­terium verurteilt die Attacken auf die Politiker. „Gewalt hat im Wahlkampf nichts verloren. Egal wie weit die Positionen im politische­n Diskurs auseinande­rliegen“, sagte ein Sprecher von Innenminis­ter Ralf Jäger (SPD). Der Generalsek­retär der NRW-CDU, Bodo Löttgen, bewertet die Angriffe als untauglich­en Versuch, der Verachtung gegenüber dem demokratis­chen Rechtsstaa­t und dem Recht der Parteien auf Wahlwerbun­g durch kriminelle Handlungen Ausdruck zu verleihen.

„Die Straftaten werden von uns zur Anzeige gebracht, und wir setzen darauf, dass die Täter ermittelt werden können“, sagt Löttgen, der auch auf eine Vielzahl zerstörter Wahlplakat­e hinweist. Dieser Vandalismu­s habe deutlich zugenommen. „Das ist alles andere als ein Kavaliersd­elikt“, erklärt ein Polizeispr­echer. So stellte etwa die Düsseldorf­er CDU-Landtagska­ndidatin Angela Erwin bereits Strafanzei­ge gegen Unbekannt, nachdem einige ihrer Wahlplakat­e zerstört und mit Hakenkreuz­en beschmiert worden waren. Landesweit kam es zu einer Reihe ähnlicher Vorfälle.

Welche Gruppierun­gen für den Großteil der Taten verantwort­lich sind, ist nach Einschätzu­ng des Extremismu­s-Forschers Alexander Häusler nicht immer leicht zu sagen. „So stecken bei Attacken auf die AfD nicht unbedingt immer Linksradik­ale dahinter, sondern es können auch Rechtsradi­kale sein“, sagt Häusler.

Manche Rechtsextr­eme sähen die AfD als Bedrohung für ihre eigenen Parteien an, weil diese ihnen Wähler und Anhänger wegnehme. Generell würden Extremiste­n von radikalen Parteien die heiße Wahlkampfz­eit nutzen, um mit Aktionen auf sich aufmerksam zu machen, weil das öffentlich­e Interesse dann besonders groß sei, sagt Häusler.

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FOTO: CDU HERNE In Herne ist das Wahlkampfa­uto von CDU-Landtagska­ndidat Sven Rickert ausgebrann­t. Die Ursache für den Brand steht noch nicht fest. Der Kandidat hält einen Brandansch­lag für möglich.

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