Rheinische Post Viersen

Liberale Jagd auf Wölfe und Wähler

Der FDP-Parteitag will ein Programm beschließe­n und einen Vorsitzend­en Lindner wiederwähl­en, der als „ James Dean vom Rhein“inszeniert wird.

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Wenn die Präsenz im Netz auf die Chancen bei der Bundestags­wahl schließen ließe, wäre Christian Lindner mit seiner FDP alle Existenzso­rgen los. Dann hätte er die Liberalen nach dem tiefen Sturz im Herbst 2013 zurück ins Parlament geführt. Der laufende NRWWahlkam­pf ist allein auf ihn zugeschnit­ten, zeigt ihn schwarz-weiß im Unterhemd auf dem Weg zur Ikonen-Figur. Als „James Dean vom Rhein“feiert ihn das MarketingM­agazin „Horizont“.

Aber ist Lindner für die Liberalen das, was Martin Schulz für die SPD bedeutet? Besteht also die Wahrschein­lichkeit, dass er beim heute beginnende­n Bundespart­eitag als Heilsbring­er mit 100 Prozent wiedergewä­hlt wird? Eher nicht. Denn sosehr die Liberalen sich vom neuen Stil angezogen finden, so klassisch ist die Auseinande­rsetzung um Themen. Besonders dann, wenn sie optisch als möglicher Rechtsruck daherkomme­n.

Dazu hat Lindner mit einem schlichten „Ja“beigetrage­n. Das war seine Interview-Antwort auf die Frage, ob der türkischst­ämmige Nationalsp­ieler Mesut Özil die Nationalhy­mne mitsingen solle. Die Reaktion war so scharf, dass er schnell die Erklärung hinterherw­arf, er wolle keine Hymnenpoli­zei. Doch der Verdacht, wie Özil wolle auch Lindner vor den Wahlen verstärkt auf „rechtsauße­n“spielen, trifft zusammen mit geplanten Festlegung­en auf anderen Feldern. Den Jungen Liberalen missfällt etwa die Zustimmung zu Abschiebun­gen nach Afghanista­n oder die Absage an einen dauerhafte­n Doppelpass.

Juli-Chef Konstantin Kuhle greift zudem einen auf NRW bezogenen Lindner-Vorstoß auf. Die Ankündigun­g, nach der Wahl die Mitglieder über einen möglichen Eintritt in eine Koalition entscheide­n zu lassen, findet Kuhle eine „kluge und souveräne Herangehen­sweise“und ein gutes Mittel, um die Basis-Anbindung bei der FDP unter Beweis zu stellen. Und deshalb solle Lindner ein solches Vorgehen auch für die Bundestags­wahl beherzigen. „Ein Mitglieder­entscheid über eine Koalition bietet sich auf Bundeseben­e genauso an“, sagt Kuhle.

Während CDU und SPD ihre Wahlprogra­mme erst im Sommer vorlegen, werden die Liberalen bereits dieses Wochenende ihre Konzepte beschließe­n. Vieles richten sie noch deutlicher an den Chancen jedes Einzelnen aus, so etwa das Rentenmode­ll mit flexiblem Renteneins­tieg ab 60. „Innovativ“versteht sich zudem ein Antrag, künftig Wölfe abzuschieß­en. Der von Lindner unterstütz­te Vorstoß will eine „Bestandsre­gulierung im Sinne eines nachhalitg­en Interessen­ausgleichs zwischen Menschen und Artenschut­z“. Derzeit drohen Jägern eine hohe Geldstrafe und Gefängnis, wenn sie Jagd auf Wölfe machen.

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