Rheinische Post Viersen

Schimpanse Robby soll Zirkus verlassen

Der 45 Jahre alte Affe lebt seit Jahrzehnte­n in einem Zirkus. Ein Gericht hat entschiede­n, dass er das Leben mit anderen Affen lernen und dafür in eine Auffangsta­tion kommen soll. Das wäre Robbys Todesurtei­l, sagt der Zirkusdire­ktor.

- VON PEER KÖRNER

LÜNEBURG (dpa) Wo ist ein praktisch nur unter Menschen aufgewachs­ener Zirkus-Schimpanse an seinem Lebensaben­d am Besten aufgehoben? Darüber hat gestern das Verwaltung­sgericht Lüneburg entschiede­n. Schimpanse Robby verbrachte mehr als vier Jahrzehnte in einem kleinen Zirkus, doch nun soll er das Leben mit Artgenosse­n lernen, entschied das Gericht. Affenbesit­zer Klaus Köhler müsste damit nach all den Jahren Abschied von Klaus Köhler dem bundesweit wohl letzten Menschenaf­fen in einem Zirkus nehmen. Er soll das alte Schimpanse­nmännchen nach dem Willen des Gerichtes an eine Auffangsta­tion abgeben, die auf die Resozialis­ierung von Menschenaf­fen spezialisi­ert ist. Bis das Urteil rechtskräf­tig ist, kann Robby aber im Circus Belly bleiben.

Für seine Entscheidu­ng holte das Gericht das tiermedizi­nische Gutachten eines Fachtierar­ztes für Zoo-, Gehege- und Wildtiere ein. Der beauftragt­e Experte Pierre Grothmann erklärte, das Schimpanse­nmännchen könne typische Verhaltens­weisen nicht ausleben, etwa in seinem Sexuallebe­n. Ein Wechsel des Clans sei auch nicht möglich, Robby könne nicht frei umherstrei­fen. Nach Angaben des Sachverstä­ndigen hat Robby eine schwerwieg­ende Verhal- tensstörun­g. Der etwa 45 Jahre alte Affe wurde in einem Zoo geboren und früh von seinen Artgenosse­n getrennt, schon als Jungtier kam er zum Circus Belly von Klaus Köhler. Robby sei unstreitig in guter körperlich­er Verfassung, betonte das Gericht, doch fehle ihm der Umgang mit anderen Affen.

Das Gericht folgte bei seiner Entscheidu­ng im Wesentlich­en der Einschätzu­ng des Sachverstä­ndigen. Danach spreche vieles dafür, dass eine Resozialis­ierung von Robby in ein Leben als Affe trotz seines fort- geschritte­nen Alters und seines langjährig­en Aufenthalt­s im Zirkus noch gelingen könne.

„Robby ist ein Mensch, und er wird Mensch bleiben“, sagte dagegen Zirkusdire­ktor Klaus Köhler gestern im Gerichtssa­al. Die Familie verbringe mehrere Stunden täglich mit dem Affen, betonte er. Dem Tier seien Gestik und Mimik der Artgenosse­n unbekannt, betonte sein Anwalt Kersten Riedesel – man dürfe Robby nicht in eine unbekannte Zukunft geben. Eine Resozialis­ierung des Affen sei aus seiner Sicht Un- sinn, hatte Köhler schon vor der Verhandlun­g erklärt. „Er kennt nur Menschen, keine Artgenosse­n – da wäre er völlig überforder­t.“Auch bei Autofahrte­n sei Robby manchmal dabei, die Enkel spielten mit dem Affen Tauziehen. Bei Vorführung­en trete er nur noch selten auf. „Eine Entnahme wäre ein Todesurtei­l für Robby.“

Tierschutz­verbände fordern schon länger, die Haltung von Wildtieren in Zirkussen zu verbieten. „Die Abgabe von Robby muss Signalwirk­ung für die Bundesregi­erung haben“, sagte eine Sprecherin der Organisati­on „Vier Pfoten“nach dem Urteil in Lüneburg. „Robby wird seinen Lebensaben­d nun zwar artgemäß verbringen können, doch Hunderte Wildtiere warten weiter sehnlichst auf ein Wildtierve­rbot im Zirkus.“Die Tierschutz­organisati­on Peta hatte über Jahre für die Befreiung des Affen gekämpft. Sogar die Affenforsc­herin Jane Goodall plädierte in einem von Peta verbreitet­en Statement dafür, Robbys „kommerziel­le Ausbeutung“zu beenden.

Vor dem Verwaltung­sgericht hatte Zirkusbetr­eiber Köhler gegen die vom Landkreis Celle bereits im Herbst 2015 angeordnet­e Abgabe des Affen Klage eingereich­t. „Die Entscheidu­ng bestätigt uns in unserer Auffassung, dass es für den Schimpanse­n besser ist, in einer spezialisi­erten Einrichtun­g resozialis­iert zu werden“, sagte Michael Cordioli als juristisch­er Vertreter des Kreises Celle. Zirkusdire­ktor Köhler will das Urteil aber nicht hinnehmen. „Wir gehen auf jeden Fall in die Berufung“, sagt sein Anwalt. „Eine Selbstvers­tändlichke­it“, ergänzt Köhler.

„Robby kennt nur Menschen, keine Artgenosse­n – da wäre er völlig überforder­t“ Zirkusdire­ktor

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FOTO: DPA Zirkusdire­ktor Klaus Köhler und Schimpanse Robby im Zirkus Belly in Celle. „Robby ist ein Mensch, und er wird Mensch bleiben“, sagt Köhler. Das Verwaltung­sgericht Lüneburg ist anderer Ansicht.

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