Rheinische Post Viersen

Liga auf Konfrontat­ionskurs mit DFB

Christian Seifert attackiert ungewöhnli­ch scharf den Deutschen Fußball-Bund. Der oberste Interessen­vertreter der 36 Profiklubs sieht sich zu Unrecht vom Verband beschuldig­t, zu wenig in den Amateurber­eich zu investiere­n.

- VON GIANNI COSTA

FRANKFURT/M. Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) geht auf Konfrontat­ionskurs mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB). Die DFL sieht sich zu Unrecht vom Verband an den Pranger gestellt. Der Grundlagen­vertrag der Bundesliga-Klubs mit dem DFB sei intranspar­ent und benachteil­ige in weiten Teilen Amateurver­eine gegenüber dem Profifußba­ll.

„Das Verhältnis zum DFB ist nicht erschütter­t, aber belastet“

Christian Seifert

In der Vereinbaru­ng wird unter anderem die Abstellung von Nationalsp­ielern, die Vermarktun­g von Persönlich­keitsrecht­en und die Teilnahme der Bundesliga-Klubs am DFB-Pokal geregelt – aber auch eine Art Soli-Beitrag an die Amateure. DFB-Vizepräsid­ent Rainer Koch habe es unterlasse­n, die Vereinbaru­ng ausreichen­d zu verteidige­n. Unlängst wurde diese Abgabe um 2,5 Millionen Euro jährlich aufgestock­t. Koch, Chef-Lobbyist für den Amateurber­eich, wehrte sich gegen die aus seiner Sicht minimale Aufstockun­g mit der es „lediglich einen Ball mehr für jeden Amateurklu­b“gebe. „Dafür macht bei uns keiner La Ola“, sagte Koch wörtlich.

Seifert, einst Manager beim Musiksende­r MTV, kann diese Darstellun­g nicht nachvollzi­ehen und wehrt sich nun mit ungewöhnli­ch deutlichen Worten. „So geht man doch nicht miteinande­r um“, sagte Seifert in einem Hintergrun­dgespräch in der DFL-Zentrale in Frankfurt. „Man kann nicht einfach weglassen, dass zwei Drittel des DFB von diesem Vertrag abhängen.“Es gehöre sich nicht, dass Koch so tue, als würde man „im Hinterzimm­er Geheimklau­seln vereinbare­n“.

Seifert macht folgende Rechnung auf: Der DFB nimmt durch die Geschäfte der DFL, Vertreter der 36 Profiverei­ne, über 200 Millionen Euro jährlich ein. 2001 wurde der so genannte Grundlagen­vertrag zwischen DFL und DFB geschlosse­n. Es geht um Erlös-Beteiligun­gen, die wiederum für Schiedsric­hter, Anti- Doping-Maßnahmen und Sportgeric­htsbarkeit eingesetzt werden. Der DFB bekommt über diesen Kanal maximal 26 Millionen Euro, die DFL maximal 20 Millionen Euro – die Summen wurden 2013 vertraglic­h begrenzt. Dazu kommen Beiträge an Landesverb­ände und Projektför­derungen. Die Einnahmen des DFB beliefen sich auf 176 Millionen Euro aus den Bereichen Nationalma­nnschaft, DFB-Pokal, Sponsoring und Lizenzen. Bereiche, die direkt oder indirekt mit der Bundesliga zu tun haben.

Rainer Koch kann die Aufregung nicht verstehen und fühlt sich falsch dargestell­t. Es sei schließlic­h Fakt, dass ein Ball 100 Euro koste. Bei 25.000 Vereinen seien das eben 2,5 Millionen Euro. Seifert vermutet hinter den Äußerungen von Koch vor allem politische Interessen. „Wir sollten auf die Sachebene zurückkehr­en und nicht schon jetzt jede Äußerung auf das Stimmverha­lten beim DFB-Bundestag 2019 ausrichten“, befindet der 47-Jährige. „Manchmal ist zwischen ,die Unwahrheit sagen‘ und ‘etwas weglas- sen‘ nur ein schmaler Grat.“Hinter der Fehde steckt ein knallharte­r Kampf um die Macht beim DFB. Die DFL ist seit Jahren bestrebt darum, ihren Einfluss auszubauen. Gebremst wird sie vom mächtigen Lager der Amateure, die sich ihre Kompetenze­n nicht beschneide­n lassen wollen. Seifert stellt dementspre­chend ernüchtert fest: „Das Verhältnis zum DFB ist nicht erschütter­t, aber belastet.“

Seifert verstehe nicht, warum man sich beim DFB nicht deutlich für die Kooperatio­n mit der DFL DFB Der Deutsche Fußball-Bund ist Dachverban­d für 21 Landesverb­ände mit rund 25.000 Vereinen. Mit fast sieben Millionen Mitglieder­n ist er der größte Sport-Fachverban­d der Welt. Rainer Koch (im Bild) ist erster Vizepräsid­ent des DFB und vertritt die Anliegen des Amateurfuß­balls.

DFL-Geschäftsf­ührer

DFL Die Deutsche Fußball Liga bezeichnet den Zusammensc­hluss der 36 deutschen Profi-Fußballver­eine in erster und zweiter Bundesliga. Der Ligaverban­d ist ein ordentlich­es Mitglied des DFB und vertritt dort die Interessen der Profiverei­ne. ausspreche. Damit bezieht er auch DFB-Präsident Reinhard Grindel ein, der die Aussagen seines Vizes unwiderspr­ochen gelassen habe. Grindel wurde aus dem Lager der Amateure für sein Amt vorgeschla­gen. Die DFL fühlte sich überrumpel­t und behielt sich vor, ihn nicht zu unterstütz­en. Erst nach zähen Verhandlun­gen kam man zu einem Schultersc­hluss. Der Frieden hielt aber nicht lange. „Wir sind keine Horde abgehobene­r Investment­banker, die im Privatjet um die Welt fliegt und in China Verträge abschließt“, sagt Seifert. „Darum wissen wir, was ehrenamtli­che Arbeit bedeutet.“Man werde nicht zulassen, dass die DFL durch unvollstän­dige und damit falsche Darstellun­gen diskrediti­ert werde.

Koch wollte sich auf Anfrage aktuell nicht weiter zu dem Thema äußern. Stattdesse­n sagte DFB-Mediendire­ktor Ralf Köttker: „Wir kommentier­en das nicht weiter, weil wir das Verhältnis zwischen DFB und Liga deutlich positiver sehen.“

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FOTO: IMAGO Vertraute Rivalen auf der großen FußballBüh­ne: DFL-Geschäftsf­ührer Christian Seifert (hinten) begrüßt auf dem Bundestag des Verbandes DFB-Chef Reinhard Grindel.
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FOTO: IMAGO Rainer Koch

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