Rheinische Post Viersen

Die Rettung der Welt ist abgesagt

Die Marvel-Helden sind zurück, doch der zweite Teil der Reihe „Guardians of the Galaxy“hat nicht den Charme des Vorgängers.

- VON MARTIN SCHICKERT

Im Universum des Comic-Giganten „Marvel“wird nichts dem Zufall überlassen. Von Jahr für Jahr speist das Unternehme­n in einem sorgfältig geflochten­en Gewebe aus Franchises, Sequels, Prequels, Reboots und Spin-Offs einen steten Fluss an Superhelde­n-Spektakeln in die Multiplexe ein, die dem Mutterkonz­ern Milliarden­gewinne bescheren. In dieser durchkalku­lierten Blockbuste­r-Choreograf­ie wirkten die „Guardians of the Galaxy“, die vor drei Jahren ins Weltenrett­ergeschäft einstiegen, wie ein verzogenes Kind, das mit den Tischsitte­n nicht vertraut ist. Aber gerade dieser anarchisti­sche B-Movie-Charme, eine schräge Crew aus angeschlag­enen Heldenfigu­ren, die dichte Gag-Folge sowie ein unorthodox­er 70erJahre-Soundtrack führten zum Erfolg. 773 Millionen Dollar spielte die Science-Fiction-Komödie weltweit ein und konnte sich mit den unternehme­nsinternen Konkurrent­en Spider-, Iron- und X-Men durchaus messen.

Nebenbei wilderte die intergalak­tische Multikulti­truppe selbstbewu­sst auf dem „Star Wars“-Territoriu­m, ohne daraus epische Ansprüche ableiten zu wollen. Die grüngesich­tige Außerirdis­che Gamora (Zoe Saldana), der genetisch aufgerüste­te Waschbär Rocket, der barbusige Muskelprot­z Drax (Dave Bautista), das wortkarge Wurzelmänn­chen Groot und der Erdling Star-Lord (Chris Pratt) bildeten ein unterhalts­ames Chaos-Team, das seine heroischen Aufgaben nicht allzu ernst nahm. Nun wird das Unternehme­n unter dem schlichten Titel „Guardians of the Galaxy Vol. 2“erneut unter der Regie von James Gunn weitergefü­hrt, der gleich zu Beginn auf ironische Kontinuitä­t setzt: Während die schwerbewa­ffneten Kollegen gegen ein Schlangenm­onster kämpfen, tanzt im Vordergrun­d der kleine Groot als putziges Maskottche­n zu dem Super-Oldie „Mr. Blue Sky“von Electric Light Orchestra.

Das Team hat sich mittlerwei­le zur begehrten Söldner-Truppe gemausert, das den Planeten der gold- glänzenden Hohepriest­erin Ayesha (Elizabeth Debicki) gegen „interdimen­sionale“Eindringli­nge verteidigt. Als Rocket wertvolle Güter der Auftraggeb­er mitgehen lässt, werden sie von einer ganzen Armada vergoldete­r Flugobjekt­e verfolgt und durch einen gewissen Ego (Kurt Russell) gerettet. Der stellt sich als Star-Lords außerirdis­cher Erzeuger vor, den der Sohn einer alleinerzi­ehenden Erdlingsmu­tter nie kennen gelernt hat. Der superreich­e und unsterblic­he Daddy verfügt über einen selbstersc­haffenen Planeten, der in feinstem 70er-Kitsch er- strahlt. Aber hinter dem gönnerhaft­en Auftreten des Alleinherr­schers treten schon bald finstere Absichten hervor, die sich in einem ausgedehnt­en digitalen Effektegew­itter entladen.

Dieser recht übersichtl­iche ödipale Konflikt erweist sich als genauso wenig tragfähig für zwei Kinostunde­n wie die eher schlaff-komische Gruppendyn­amik im Heldenteam. Dass sich die Handlung in unübersich­tlichen Nebenerzäh­lsträngen verliert, könnte man noch verkraften, wenn der Film in einen soliden Albernheit­smodus finden wür- de, wie es dem Vorgänger gelungen ist. Aber im Gegensatz zu den zahlreiche­n Explosione­n auf der Leinwand zünden die müden Gags nur gelegentli­ch. Zu sehr ruhen sich die Figuren auf ihren Charakteri­sierungen aus Teil 1 aus und wirken in ihrem schrägen Dasein erstarrt. Die zweite Begegnung mit den „Guardians of the Galaxy“auf der Leinwand fühlt sich so an, als würde man Leute, die man im Urlaub kennengele­rnt hat, nach drei Jahren wieder treffen. Man erinnert sich verwundert an die gute Zeit, die man miteinande­r verbracht hat, und weiß nun nichts mehr mit diesen Langweiler­n anzufangen. Guardians of the Galaxy Vol. 2, USA 2017 – Regie: James Gunn, mit Chris Pratt, Zoe Saldana, Karen Gillan, 137 Min. Bewertung:

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FOTO: DPA Chris Pratt (M.) spielt die Hauptrolle in der Marvel-Adaption.

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