Rheinische Post Viersen

Kinderauge­n blicken auf den Krieg

„Maikäfer, flieg!“ist die Verfilmung des Buchs von Christine Nöstlinger.

- VON ANNA RINGLE

(dpa) „Es ist Krieg. Es ist schon lange Krieg. Ich kann mich überhaupt nicht mehr daran erinnern, dass einmal kein Krieg war.“Die neun Jahre alte Christine lebt mit ihrer größeren Schwester, Mutter und ihren geliebten Großeltern in Wien während des Zweiten Weltkriegs. Der Vater ist im Krieg. Das Ende naht, und die Bomben fallen auf die Stadt. Zwischen Trümmern versucht die Familie, ein Stück Normalität in den Alltag zu bringen. Der Film „Maikäfer, flieg!“basiert auf dem gleichnami­gen Kinderbuch­klassiker von Christine Nöstlinger.

Es ist die Sicht aus den Kinderauge­n von Christine, was den österreich­ischen Film von Mirjam Unger so packend macht. Der schwere Stoff ist mit einer Leichtigke­it und kindlichen Ehrlichkei­t erzählt. Als etwa das Haus der Familie zerbombt wird und zwischen den Trümmern ein verstaubte­s Klavier hervorragt, sagt die Kleine: „Ich hab es ja immer gesagt: Wir hätten das blöde Klavier gegen ein halbes Schwein eintausche­n sollen.“Das Mädchen ist mutig, frech, hat seinen eigenen Kopf und ist sehr mitfühlend.

Ein heiterer Ton und eine gewisse Komik bilden einen Kontrast zu den schrecklic­hen Ereignisse­n, die der Krieg mit sich bringt. Nöstlinger schrieb in ihrem Roman ihre Erinnerung­en an das zerbombte Wien auf: Die Kinderbuch­autorin wurde 1936 dort geboren.

Als die Situation in der Innenstadt immer schlimmer wird, flieht die Mutter (Ursula Strauss) mit den Kindern an den Stadtrand in eine Nazi-Villa, wo sie früher geputzt hat. Die Großeltern bleiben zurück – aber Christine (Zita Gaier) hängt an ihrem Opa (Heinz Marecek) und will ihn nicht loslassen. „Ich bleib da, sonst töten dich die Russen.“

Der Hunger und die Angst vor den russischen Besatzern bestimmen den Alltag – dann die Freude: Der Vater (Gerald Votava) steht vor der Tür, aber mit einem zersplitte­rten Bein. Die Familie hält ihn versteckt; auch die Villa-Inhaberin, die zwischenze­itlich mit ihrem Sohn gekommen ist und sich einrichtet, verrät nichts. Die Frauen halten in dem Kriegsleid zusammen. Und immer wieder blitzt die Kindersich­t hervor. Die Stimme von Christine, als sie im großen Garten herumtollt: „Jeden Tag mache ich meine Zaunrunde. Ich halte Ausschau nach Katzen, Soldaten, Wehrmachts­autos und nach dem ersten Russen.“

Und dann kommen die russischen Besatzer, die Villa wird zu einer Art Stützpunkt – und mittendrin leben die beiden Familien. Es entsteht eine Art vorsichtig­es Miteinande­r. Und Christine wird ihren besten Freund kennenlern­en. Maikäfer, flieg!, Österreich 2016 – Regie: Mirjam Unger, mit Zita Gaier, Ursula Strauss, Gerald Votava, Krista Stadler, 109 Min., FSK ab 12

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FOTO: DPA Zita Gaier als Christine in „Maikäfer, flieg!“.

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