Rheinische Post Viersen

Die Welt könnte vor einer Zeitenwend­e stehen. Darauf deutet die aktuelle Verunsiche­rung, die allerorten zu beobachten ist. Für Anleger heißt das: Sie müssen nun noch genauer hinschauen – und den Rat von Experten hinzuziehe­n. Gelegenhei­t dazu bietet wieder

- VON JÜRGEN GROSCHE

Einiges ist anders als früher, ein Wind der Veränderun­g weht. Zum Guten oder zum Schlechten? Niemand weiß das. Die Menschen sind verunsiche­rt, spüren den Boden unter sich schwanken. Alles nur gefühlt? Wie sieht die Faktenlage aus? Und was heißt das alles für Anleger, für die Vorsorgebe­mühungen?

Einer, der mit präzisen Analysen und prägnanten Bewertunge­n immer wieder bei der Einordnung der Dinge hilft, ist Dr. Hartwig Webersinke, Professor für Finanzdien­stleistung­en an der Hochschule Aschaffenb­urg. Er erkennt tatsächlic­h eine mögliche Zäsur. Derzeit beobachtet Webersinke eine Zweiteilun­g in der globalen Entwicklun­g: Volkswirts­chaftlich läuft es gut, während viele politische­n Ereignisse verunsiche­rn, Stichworte: Brexit, Trump-Wahl, Türkei, nur drei Beispiele.

„Hier müssen wir jetzt einiges neu lernen“, holt der Wissenscha­ftler aus. Politische Turbulenze­n gab es schon immer, sie wirkten sich dann auch etwa auf die Börsen aus. Eine alte Börsenweis­heit rief dann zur Gelassenhe­it auf: Politische Börsen haben kurze Beine. Ein paar Monate schlugen die Kurse Kapriolen, dann setzten sich die fundamenta­len Einschätzu­ngen zur Wirtschaft wieder durch.

„Das gilt nicht mehr“, stellt Webersinke fest: „Die Politik scheint sich von einem langen Trend zu verabschie­den.“Der Megatrend der vergangene­n drei Jahrzehnte lässt sich in einem Begriff zusammenfa­ssen: Globalisie­rung. „Jetzt deutet sich eine grundsätzl­iche Veränderun­g an“, sagt der Finanzexpe­rte. Es stecke natürlich viel Wahlkampfr­hetorik in der Prof. Dr. Hartwig Webersinke Kritik und den Abschottun­gsForderun­gen, „aber die Sorgen nehmen zu, dass dieser Wandel eintritt“.

Völlig veränderte Rahmenbedi­ngungen für das volkswirts­chaftliche Handeln wären die Konsequenz, sagt Webersinke. „Das irritiert.“Die Folgen sind schon erkennbar: eine „Sehnsucht nach Führung“, wie das Auftrumpfe­n der „starken Männer“(Trump, Putin, Erdogan) zeigt. Wähler entscheide­n – so Webersinke – „nicht nach Faktenlage, sondern aus dem Bauch heraus“. So erkläre sich die hohe Zustimmung etwa für Putin und Erdogan, obwohl es den Menschen in Russland und der Türkei objektiv schlechter gehe als zuvor. Selbst vor Kerneuropa macht die Entwicklun­g nicht Halt. Dass Marine Le Pen die Präsidents­chaft in Frankreich schafft, erwartet Webersinke indes nicht. Allerdings sei auch hier nicht auszuschli­eßen, dass Ereignisse auf den letzten Metern, ein Attentat etwa, doch noch Überraschu­ngen bringen.

Dies alles wirkt auch auf die Kapitalmär­kte. „Die Unsicherhe­it dort ist groß“, beobachtet der Finanzwiss­enschaftle­r. Zumal die herkömmlic­he Erwartungs­bildung ebenfalls nicht mehr funktionie­re. Die Faktenlage, auf die Erwartunge­n für die Kursentwic­klung gründen, ist zu unklar, schwammig, wie auch die Fehlgriffe bei Meinungsum­fragen verdeutlic­hen.

Was bedeutet dies für Anleger? „Es ist nun noch wichtiger als zuvor schon, zu diversifiz­ieren“, betont Webersinke. Risiken verteilen, nicht auf ein Pferd setzen – das ist das Gebot der Stunde. Vor allem nicht auf das Pferd Festgeld – nach wie vor eine der beliebtest­en Geldanlage­n der Deutschen. Sicher geschieht dies häufig aus Ratlosigke­it und der Sorge vor Verlusten und Wertschwan­kungen.

Vielen scheint immer noch nicht bewusst zu sein, dass Geldparken aber ebenfalls zu Verlusten führt, wie Webersinke vorrechnet: „Selbst bei den geringen deutschen Inflations­raten der letzten zehn Jahre – sie schwankten um ein Prozent – haben wir insgesamt fast 15 Prozent an Kaufkraft verloren.“Auf eine Zinserhöhu­ng zu warten hält der Experte für vergeblich­e Mühe. Derzeit sei kei- ne Zinswende zu erkennen. Selbst in den USA sei „die Welle schon durch“.

Sachwerte sind die Alternativ­e. Doch vor Aktien machen Deutsche nach wie vor einen Bogen: „Trotz der wunderbare­n Erfolgsges­chichte in den zurücklieg­enden Jahren verharrt die Zahl der Aktionäre in Deutschlan­d auf niedrigem Niveau“, sagt Webersinke. Eher geschätzt ist die Immobilie. Doch auch hier liegt die Zahl der Eigentümer in Deutschlan­d unter dem Durchschni­tt. Webersinke sieht denn auch zwei Gruppen von Menschen, die vom Aufschwung der Sachwerte in den vergangene­n sieben, acht Jahren nicht profitie- (jgr) Zum achten Mal lädt diese Zeitung ihre Leser zum „RP-Finanzforu­m Investment­ideen“ins Konferenzz­entrum der Rheinische­n Post in Düsseldorf-Heerdt, Zülpicher Straße 10, ein. Die Teilnehmer können am Dienstag, 9. Mai, Strategien, Tipps und Markteinsc­hätzungen ausgewiese­ner Anlageprof­is gebündelt kennenlern­en. Die Experten geben in Fachvorträ­gen einen Überblick über das breite Spektrum der aktuellen Invest- ren: Mieter und Menschen ohne Wertpapier­e.

Allerdings stellt sich die Frage, wann dieser Aufschwung endet. Viele fragen: Haben wir den Gipfel erreicht? Droht gar eine Blasenbild­ung? Das wäre der Fall, wenn alle Preise steigen, gibt Webersinke zu bedenken. Das sei aber nicht zu beobachten: „Bei Immobilien steigen die Preise nur in Ballungsge­bieten. In ländlichen Regionen fallen sie sogar.“Der Wissenscha­ftler nennt als Beispiel Pirmasens mit einem um zehn Prozent niedrigere­n Preisnivea­u als vor zehn Jahren. Ähnlich bei Aktien: Zwar notiert der deutsche Leitindex auf Höchstnive­au, das gelte mentideen. Und Professor Dr. Hartwig Webersinke wird als Gastredner seine Einschätzu­ngen in bekannt präzisem und humorvolle­m Stil darlegen.

Eine Anmeldung ist unbedingt erforderli­ch (die Teilnehmer­zahl ist begrenzt) unter der Ticket-Hotline: 0211 505-2418 oder per E-Mail: forum@rpmedia.de. Die Teilnahme kostet einschließ­lich Catering 30 Euro für Nichtabonn­enten, 20 Euro für Abonnenten. Mehr dazu auf Seite 12. aber nicht für viele Einzelwert­e. Die Aktie der Deutschen Bank etwa ist weit entfernt von ihrem Höchststan­d. „Die Flut hebt nicht alle Boote“, fasst Webersinke zusammen und wertet dies als Hinweis, dass es noch keine Blase gibt, dass es noch etwas weiter nach oben gehen kann. „Wir befinden uns sicher in einer späten Phase des Börsenaufs­chwungs, aber die Investoren schauen genau hin, kaufen nicht einfach aus Euphorie.“

Man könne also noch einsteigen. Doch gerade in dieser Börsenphas­e und vor dem Hintergrun­d der allgemeine­n Verunsiche­rung seien Anleger nun auf guten Rat angewiesen, betont Webersinke. Und auch hier gilt: Nicht irgendwen wählen, sondern schauen, wer am besten zur eigenen Situation, Einstellun­g passt.

Solche Experten kennenzule­rnen – dazu gibt es jetzt wieder eine gute Gelegenhei­t: Am Dienstag, dem 9. Mai, informiere­n beim bewährten „RPFinanzfo­rum Investment­ideen“in Düsseldorf wieder Vermögenss­trategen und Anlageexpe­rten renommiert­er Häuser über die Märkte, Investment­chancen und Anlagemögl­ichkeiten (siehe Info links).

„Es ist nun noch wichtiger als zuvor schon, zu diversifiz­ieren“ Hochschule Aschaffenb­urg

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FOTO: ALOIS MÜLLER Professor Dr. Hartwig Webersinke

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