Mit einer guten Strategie, die auf mehrere Vermögensklassen setzt, stehen sich Privatanleger besser, als wenn sie ihr Geld nur in Zinspapiere investieren. Doch noch halten sich viele zurück. Ein paar Hinweise gerade für sie.
Anlageexperten machen in Deutschland immer wieder eine verblüffende Beobachtung: Obwohl es für Sparbücher und Festgelder fast keine Zinsen mehr gibt, bunkern deutsche Anleger nach wie vor viel Geld genau dort. Andere lukrativere Geldanlagen, zum Beispiel Aktien, spielen eine geringe Rolle. „Trotz der Niedrigzinsen haben nur neun Millionen Deutsche über 14 Jahren Geld in Aktien oder Aktienfonds angelegt“, zitiert Martin Grammer aktuelle Erhebungen. Der Vertriebsbetreuer NRW bei der DekaBank, die zur Sparkassengruppe gehört, kennt durchaus die Befürchtungen der Menschen: „Viele denken an die Risiken, aber sie verpassen Chancen.“
Immerhin ist ein gewisser Wandel zu beobachten. Für 2016 verzeichnet die Deka 300.000 neue Sparverträge auf Fonds. Im internationalen Vergleich seien deutsche Anleger aber nach wie vor zurückhaltend. Mehrere Ursachen macht Grammer dafür aus. Zum einen fehle das Wissen über Wertpapiere. Das verunsichert Anleger ebenso wie vergangene negative Erfahrungen, vor allem um die Jahrtausendwende.
In den 90er-Jahren gab es durchaus einen Aktien- und Fonds-Boom in Deutschland. Der Neue Markt mit seinen Technologie- und InternetUnternehmen entwickelte sich rasant – und explodierte. Auch Einzelaktien machten negative Schlagzeilen, etwa die als Volksaktie verehrte Telekom. Manche Anleger haben die Verluste aus der Zeit bis heute noch nicht verarbeitet.
Dabei hat sich einiges seither geändert, wendet Grammer ein. Damals haben Anleger häufig viel Geld auf einmal und in wenige Werte oder zu eng gefasste Themenfonds – Stichwort Internetaktien – investiert. Das sei heute anders. Grammer empfiehlt: „Anleger sollten breit streuen und Marktchancen über die Zeit nutzen.“Beides sind wichtige Aspekte bei der Geldanlage.
Zum einen „breit streuen“. Immer mal geht ein Land, eine Branche oder eine Anlageklasse in die Knie. Investoren in Zinsanlagen können davon ein Lied singen – Zinsen gibt es ja kaum noch. Dafür laufen andere Klassen gut. Davon kön- nen Anleger profitieren, indem sie in Fonds investieren, die möglichst mehrere Märkte, Länder und Anlageklassen abdecken. Solche Produkte sind zum Beispiel Mischfonds oder Multi-Asset-Fonds. Letztere investieren in mehrere Assets, also Vermögensklassen. Ein Beispiel: Die Deka bietet einen Multi-Asset-Fonds an, der in Hochzinsanleihen, Schwellenländeranleihen und in Aktien investiert, die ordentliche Dividendenzahlungen versprechen. Als Einzelinvestments wären solche Klassen und Papiere vielen vielleicht zu riskant. Aber im Fonds verteilen sich die Risiken geringfügig. Diese können die Anleger noch wei- ter verteilen, wenn sie dann noch zum Beispiel in einer andere Anlageklasse wie Immobilienfonds investieren.
Sind denn Aktien und Immobilien nicht schon zu teuer? Die Volkswirte der Deka sehen durchaus noch Chancen. Mittel- und langfristig seien die Wachstumsperspektiven für die Unternehmen gut, die zu- dem Rohstoffe derzeit günstig einkaufen und sich wegen der Niedrigzinsen günstig finanzieren können. Die politischen Risiken können allerdings immer wieder zu Kursschwankungen führen.
Und damit spricht Grammer ein zweites wichtiges Stichwort für die Geldanlage an: Marktchancen über die Zeit nutzen. Statt einmal alles Geld zu investieren, sei es meist sinnvoller, dies über einen längeren Zeitraum zu tun. Das kann zum Beispiel ein Sparvertrag sein, der regelmäßig Fondsanteile kauft. „So profitieren Anleger vom Durchschnittskosteneffekt“, sagt Grammer und erklärt diesen zugleich: Wer regelmäßig einen bestimmten Betrag, zum Beispiel 50 Euro pro Monat, investiert, kauft die Fondsanteile ja jeweils zum aktuellen Kurswert. Ist dieser gerade sehr hoch, dann gibt es weniger fürs gleiche Geld. Er werden also nicht so viele Anteile der teuren Papiere gekauft. Sind die Aktienkurse und damit die Fondspreise aber gerade gefallen, bekommt der Sparer für die gleiche Summe mehr davon.
Langfristig werden so Schwankungen an den Börsen ausgeglichen. Auch dies ist ein Weg, Risiken zu verteilen – hier das Risiko des Einstiegs in die Wertpapiere. Wie viel Sparer nun in solche Fonds investieren sollten, das sollten Anleger mit ihrem Berater besprechen, rät Grammer: „Wichtig sind hier die persönlichen Ziele und Zeithorizonte. Wann wird welches Geld wieder gebraucht? Und welche Risiken ist der Anleger bereit einzugehen?“Die Risikoakzeptanz sei indes oft höher, als es sich in der Vermögensverteilung zeigt, stellt Grammer aus der Analyse einiger Anlagechecks von Sparkassen fest. Es gibt also noch viel Luft für Anleger, mehr als nur Magerzinsen herauszuholen.