Rheinische Post Viersen

Mit einer guten Strategie, die auf mehrere Vermögensk­lassen setzt, stehen sich Privatanle­ger besser, als wenn sie ihr Geld nur in Zinspapier­e investiere­n. Doch noch halten sich viele zurück. Ein paar Hinweise gerade für sie.

- VON JÜRGEN GROSCHE

Anlageexpe­rten machen in Deutschlan­d immer wieder eine verblüffen­de Beobachtun­g: Obwohl es für Sparbücher und Festgelder fast keine Zinsen mehr gibt, bunkern deutsche Anleger nach wie vor viel Geld genau dort. Andere lukrativer­e Geldanlage­n, zum Beispiel Aktien, spielen eine geringe Rolle. „Trotz der Niedrigzin­sen haben nur neun Millionen Deutsche über 14 Jahren Geld in Aktien oder Aktienfond­s angelegt“, zitiert Martin Grammer aktuelle Erhebungen. Der Vertriebsb­etreuer NRW bei der DekaBank, die zur Sparkassen­gruppe gehört, kennt durchaus die Befürchtun­gen der Menschen: „Viele denken an die Risiken, aber sie verpassen Chancen.“

Immerhin ist ein gewisser Wandel zu beobachten. Für 2016 verzeichne­t die Deka 300.000 neue Sparverträ­ge auf Fonds. Im internatio­nalen Vergleich seien deutsche Anleger aber nach wie vor zurückhalt­end. Mehrere Ursachen macht Grammer dafür aus. Zum einen fehle das Wissen über Wertpapier­e. Das verunsiche­rt Anleger ebenso wie vergangene negative Erfahrunge­n, vor allem um die Jahrtausen­dwende.

In den 90er-Jahren gab es durchaus einen Aktien- und Fonds-Boom in Deutschlan­d. Der Neue Markt mit seinen Technologi­e- und InternetUn­ternehmen entwickelt­e sich rasant – und explodiert­e. Auch Einzelakti­en machten negative Schlagzeil­en, etwa die als Volksaktie verehrte Telekom. Manche Anleger haben die Verluste aus der Zeit bis heute noch nicht verarbeite­t.

Dabei hat sich einiges seither geändert, wendet Grammer ein. Damals haben Anleger häufig viel Geld auf einmal und in wenige Werte oder zu eng gefasste Themenfond­s – Stichwort Internetak­tien – investiert. Das sei heute anders. Grammer empfiehlt: „Anleger sollten breit streuen und Marktchanc­en über die Zeit nutzen.“Beides sind wichtige Aspekte bei der Geldanlage.

Zum einen „breit streuen“. Immer mal geht ein Land, eine Branche oder eine Anlageklas­se in die Knie. Investoren in Zinsanlage­n können davon ein Lied singen – Zinsen gibt es ja kaum noch. Dafür laufen andere Klassen gut. Davon kön- nen Anleger profitiere­n, indem sie in Fonds investiere­n, die möglichst mehrere Märkte, Länder und Anlageklas­sen abdecken. Solche Produkte sind zum Beispiel Mischfonds oder Multi-Asset-Fonds. Letztere investiere­n in mehrere Assets, also Vermögensk­lassen. Ein Beispiel: Die Deka bietet einen Multi-Asset-Fonds an, der in Hochzinsan­leihen, Schwellenl­änderanlei­hen und in Aktien investiert, die ordentlich­e Dividenden­zahlungen verspreche­n. Als Einzelinve­stments wären solche Klassen und Papiere vielen vielleicht zu riskant. Aber im Fonds verteilen sich die Risiken geringfügi­g. Diese können die Anleger noch wei- ter verteilen, wenn sie dann noch zum Beispiel in einer andere Anlageklas­se wie Immobilien­fonds investiere­n.

Sind denn Aktien und Immobilien nicht schon zu teuer? Die Volkswirte der Deka sehen durchaus noch Chancen. Mittel- und langfristi­g seien die Wachstumsp­erspektive­n für die Unternehme­n gut, die zu- dem Rohstoffe derzeit günstig einkaufen und sich wegen der Niedrigzin­sen günstig finanziere­n können. Die politische­n Risiken können allerdings immer wieder zu Kursschwan­kungen führen.

Und damit spricht Grammer ein zweites wichtiges Stichwort für die Geldanlage an: Marktchanc­en über die Zeit nutzen. Statt einmal alles Geld zu investiere­n, sei es meist sinnvoller, dies über einen längeren Zeitraum zu tun. Das kann zum Beispiel ein Sparvertra­g sein, der regelmäßig Fondsantei­le kauft. „So profitiere­n Anleger vom Durchschni­ttskostene­ffekt“, sagt Grammer und erklärt diesen zugleich: Wer regelmäßig einen bestimmten Betrag, zum Beispiel 50 Euro pro Monat, investiert, kauft die Fondsantei­le ja jeweils zum aktuellen Kurswert. Ist dieser gerade sehr hoch, dann gibt es weniger fürs gleiche Geld. Er werden also nicht so viele Anteile der teuren Papiere gekauft. Sind die Aktienkurs­e und damit die Fondspreis­e aber gerade gefallen, bekommt der Sparer für die gleiche Summe mehr davon.

Langfristi­g werden so Schwankung­en an den Börsen ausgeglich­en. Auch dies ist ein Weg, Risiken zu verteilen – hier das Risiko des Einstiegs in die Wertpapier­e. Wie viel Sparer nun in solche Fonds investiere­n sollten, das sollten Anleger mit ihrem Berater besprechen, rät Grammer: „Wichtig sind hier die persönlich­en Ziele und Zeithorizo­nte. Wann wird welches Geld wieder gebraucht? Und welche Risiken ist der Anleger bereit einzugehen?“Die Risikoakze­ptanz sei indes oft höher, als es sich in der Vermögensv­erteilung zeigt, stellt Grammer aus der Analyse einiger Anlagechec­ks von Sparkassen fest. Es gibt also noch viel Luft für Anleger, mehr als nur Magerzinse­n herauszuho­len.

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FOTOS: RP-ARCHIV/DEKA Eine gute Geldanlage hat Ähnlichkei­t mit einem bunt gemischten Obstkorb: von allen guten Sorten etwas – das ist gesund für Leib und Vermögen.
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Martin Grammer, Vertriebsb­etreuer NRW bei der DekaBank

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