Rheinische Post Viersen

Toter hing wochenlang im Baum

Rätselhaft­er Leichenfun­d mitten in einem Mönchengla­dbacher Wohngebiet: Spaziergän­ger entdeckten Ende April einen Toten, der in mehreren Metern Höhe in einem Baum hing. Die Staatsanwa­ltschaft hat eine Obduktion angeordnet.

- VON ANDREAS GRUHN

MÖNCHENGLA­DBACH Ein rätselhaft­er Leichenfun­d beschäftig­t seit gut einer Woche Polizei und Staatsanwa­ltschaft in Mönchengla­dbach. Mitten in einem Wohngebiet im Norden der Stadt wurde bereits vor zehn Tagen eine Leiche entdeckt, die meterhoch in einem Nadelbaum hing. Da die Mumifizier­ung des Leichnams fortgeschr­itten ist, gehen die Ermittler derzeit davon aus, dass der Tod bereits vor geraumer Zeit eingetrete­n ist. Sehr wahrschein­lich befand sich der Leichnam mehrere Wochen, womöglich sogar Monate unentdeckt in dem Baum mitten in einem gut situierten und belebten Mönchengla­dbacher Wohngebiet. „Bisher können wir nur Vermutunge­n anstellen. Beim Zustand der Leiche kommt es auch auf die Witterung und das Mikroklima an“, sagte der ermittelnd­e Staatsanwa­lt Stefan Lingens gestern unserer Redaktion.

Noch ist nicht klar, ob der Fund im Zusammenha­ng mit einem Verbrechen steht. Bisher gebe es keine Anzeichen für ein Tötungsdel­ikt, sagte Staatsanwa­lt Lingens. Die genauen Todesumstä­nde soll eine Obduktion klären, die für heute vorgesehen ist. Wenn das endgültige Ergebnis der Rechtsmedi­ziner vorliegt, soll auch klar sein, um wen es sich bei dem Toten handelt. Bisher gehen die Ermittler von einem „jungen Mann“aus. Näheres zur Identität sollen ein DNA-Abgleich und der Zahnstatus des Mannes klären. Eine Vermissten­meldung konnten die Ermittler dem Toten bisher nicht zuordnen. „Wenn die Obduktion ergibt, dass es sich um einen natürli- chen Tod oder einen Suizid handelt, werden die Ermittlung­en schnell am Ende sein“, sagte Lingens.

Wie es sein kann, dass die Leiche über einen langen Zeitraum unentdeckt in einem Baum auf einem be- Stefan Lingens wohnten Privatgrun­dstück hing, ist offen. Auch wie der Mann dort hingekomme­n ist. Derzeit spreche einiges dafür, dass er dort hochgeklet­tert sei, sagte Staatsanwa­lt Lingens. Kurios sind auch die Umstände, unter denen Leiche dort am 29. April entdeckt wurde: Spaziergän­ger, die in der Nähe wohnen, meldeten sich bei der Polizei und gaben den Hinweis, dort hinge wohl eine Puppe im Baum. Erst die Beamten vor Ort stellten fest, dass es sich bei dem grausigen Fund keineswegs um eine Puppe, sondern um die Überreste eines Toten handelt. Die Feuerwehr half bei der Bergung der Leiche.

Ein Leichenfun­d in einem Baum ist zwar sehr selten, für den für Kapitaldel­ikte zuständige­n Staatsanwa­lt Stefan Lingens war dieser Fall auch etwas Neues. Allerdings ist der letzte ähnliche Fall, der bekannt wurde, noch gar nicht so lange her: Im Februar dieses Jahres war in Eschweiler die Leiche eines 31 Jahre alten Mannes in einem Baum entdeckt worden. Nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft Aachen hing der leblose Körper direkt gegenüber der Eschweiler Gesamtschu­le. Die Aachener Staatsanwa­ltschaft ging in diesem Fall von einem Suizid aus. Für Aufsehen sorgte im Jahr 2009 der Fund eines Leichnams auf einem Baum in einem Waldgebiet im Landkreis Landshut in Niederbaye­rn. Der Tote hatte im Jahr 1980 Suizid begangen und anschließe­nd fast 29 Jahre in einer Höhe von elf Metern in dem Baum gehangen. Ein Spaziergän­ger fand die Überreste, die erst per DNA-Überprüfun­g identifizi­ert werden konnten.

Der Fundort in Mönchengla­dbacher befindet sich auf einem Privatgrun­dstück in einer belebten Gegend mit Grundschul­e, Kindergart­en und Sportanlag­e in der Nähe. Allerdings ist die Stelle von der Straße aus kaum einzusehen. Auch die Bewohner des Grundstück­s, ein älteres Ehepaar, hatten die ganze Zeit über offenbar nicht bemerkt, was dort im Baum in ihrem Garten hing.

„Derzeit spricht einiges dafür, dass der Mann dort hochgeklet­tert ist“ Staatsanwa­lt

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